Merken

Alles läuft rund

Christoph Herbrig hat den Umsatz seiner Bärensteiner Feinmechanik-Firma vervierfacht. Jetzt baut er auch Maschinen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Egbert Kamprath

Von Franz Werfel

Bärenstein. Laut rattern die Drehmaschinen in der Bärensteiner Produktionshalle. Ein gutes Dutzend dieser Automaten ist aktiv, die Mitarbeiter, die diese überwachen, haben sich ihre Ohren mit Schützern verstopft. So wie Dirk Moschke. Der Zerspanungsmechaniker der Firma Herbrig und Co. Präzisionsmechanik überwacht die Arbeit der Rundtaktautomaten. Alle 2,5 Sekunden purzelt ein kleines Metallteil aus der Maschine. Es ist rund, etwa fünf Zentimeter lang und aus Kupfer.

Die produzierten Metallstecker werden in einer Prüf- und Sortieranlage getestet. Diese hat die Firma selbst entwickelt und gebaut.
Die produzierten Metallstecker werden in einer Prüf- und Sortieranlage getestet. Diese hat die Firma selbst entwickelt und gebaut. © Egbert Kamprath

„Das sind Stecker, wie sie Mobilfunkfirmen in ihre Handymasten einbauen“, sagt Christoph Herbrig. Seit acht Jahren führt der 34-Jährige die Firma. Übernommen hat er sie von seinem Großonkel Egon Herbrig. Seitdem hat der Diplomkaufmann in Bärenstein ein neues Zeitalter eingeläutet. Das ist angesichts der Unternehmensbilanz nicht übertrieben. Als er den Metallbetrieb 2009 übernahm, beschäftigte Herbrig rund 100 Mitarbeiter. Zusammen erwirtschafteten sie damals einen Jahresumsatz von vier Millionen Euro. Heute arbeiten 140 Menschen in dem Betrieb, der Jahresumsatz ist auf 15 Millionen Euro angewachsen.

Christoph Herbrig hat sein Examen in Betriebswirtschaft an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg abgelegt. Mit dem Abschluss steht er exemplarisch für viele neue mittelständische Führungskräfte in der Region. „Unsere Eltern und Großeltern waren hervorragende Techniker“, sagt Christoph Herbrig. Doch das allein reiche heute nicht mehr aus, um im international umkämpften Metallverarbeitungsgewerbe zu bestehen. „Für unsere Auftraggeber aus der Auto-, Flugzeug- oder auch Mobilfunkindustrie konkurrieren wir mit Mitbewerbern aus der ganzen Welt“, sagt Herbrig. Da sei betriebswirtschaftliche Expertise hilfreich. Hinzu komme, dass die Menschen im oberen Erzgebirge sehr bescheiden seien, so Herbrig. „Dabei muss man heutzutage langfristig und mutig in die Zukunft investieren.“ Sonst, so der Firmenchef, könne man seine Stellung am Markt künftig nicht halten.

Keine Angst vor Veränderungen

Eine wichtige Investition sieht er deshalb in seinem Engagement als Vorsitzender des Impro-Vereins. Impro ist der Interessenverband Metall- und Präzisionstechnik Osterzgebirge. In diesem Verbund, zu dem aktuell 13 Firmen gehören, treffen sich alle Firmenchefs einmal in jedem Monat. Gemeinsam begeben sie sich auf die Suche nach geeigneten Lehrlingen. Und mit ihrem unterschiedlich gelagerten Know-how unterstützen sie sich manchmal auch in der Produktion. „Die Impro-Firmen wollen langfristig wachsen. Wir engagieren uns in der Region, weil wir hier verwurzelt sind und hier bleiben wollen“, sagt Christoph Herbrig. Für gute Arbeitsbedingungen mit ordentlichem Lohn und familienfreundlichen Zeiten könne er selbst sorgen. Geht es um die weichen Standortfaktoren auf dem Land wie Kitas und Freizeitangebote, ist er auf die kommunalen Partner angewiesen. Eine Maschine, die ihm niemand anbieten konnte, hat er selbst entwickelt: die hauseigene Sortier- und Prüfanlage. „Manche Kunden wünschen, dass wir jedes einzelne Teil überprüfen“, sagt er. Seine Anlage muss schnell und präzise arbeiten. Alle Teile zu prüfen wäre aber gar nicht möglich. Denn täglich verlässt mindestens ein Lkw das Bärensteiner Herbrig-Werk. 80 Millionen Drehteile produziert die Firma derzeit in jedem Jahr. Zu den Kunden der Firma gehören Automobilzulieferer wie die FEP in Pirna, Telekommunikationsfirmen wie Ericsson und Huawei oder die Schlüsselfirma Abus, die einen speziellen Schließzylinder bei Herbrig herstellen lässt. Für mehrere Glashütter Uhrenfirmen produziert Herbrig mikrometergenaue Bauteile. Und sogar in einem Satelliten stecken Teile von Herbrig. „Wir sind breit aufgestellt“, sagt Christoph Herbrig. Vor Veränderungen etwa in der Autobranche hat er keine Furcht. „Unsere dünnen und leichten Metallstecker werden auch in Elektroautos verbaut.“

Wie zum Beweis zeigt Christoph Herbrig aus dem Fenster seines Konferenzraumes. Da steht, überdacht von einem Carport voller Solarzellen, Herbrigs Elektro-BMW und tankt Strom aus der Steckdose. „Mit dem Auto pendel ich jeden Tag von Dresden zur Arbeit.“ Den Strom besorgt die Sonne im Müglitztal. Quasi umsonst.