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Alles giert nach der Goldenen Gans

Zur Premiere auf der Felsenbühne Rathen werden Denkanstöße manuell verabreicht. Dann stürmt ein Zuschauer die Bühne.

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© Dirk Zschiedrich

Von Gunnar Klehm

Kurort Rathen. Kunz fehlen die Schuhe, der Kutsche fehlt die Nebelmaschine, Franz sucht den Stuhl, Trude braucht einen Magneten und die Prinzessin fragt nach dem zweiten Balkon. Klaus hat keinen Ton. Regisseur Peter Kube droht mit Abbruch. „Alle sind zurzeit sehr angespannt“, sagt Andreas Gärtner, der Manager auf der Felsenbühne in Kurort Rathen. Dass Peter Kube, besonders bekannt aus dem Zwinger-Trio, seine Drohung zur Hauptprobe nicht ganz ernst gemeint hat, ist nur zu vermuten. Aber Humor ist ja sein Fach. Auf der Felsenbühne führt er die Regie im Stück „Die Goldene Gans oder Was wirklich kleben bleibt“.

Kein Theater ohne Pferde auf der Felsenbühne. Weder das, noch die Geschichte vom Haushofmeister (Michael Berndt-Canané) kann die traurige Prinzessin (Cordula Hanns) aufheitern.
Kein Theater ohne Pferde auf der Felsenbühne. Weder das, noch die Geschichte vom Haushofmeister (Michael Berndt-Canané) kann die traurige Prinzessin (Cordula Hanns) aufheitern. © SZ/Gunnar Klehm
Franz (Grian Duesberg) und Kunz (Johannes Krobbach) haben aber ihren Spaß.
Franz (Grian Duesberg) und Kunz (Johannes Krobbach) haben aber ihren Spaß. © Dirk Zschiedrich

Die Röcke von Trude alias Sandra Maria Huimann und Käthe (Julia Vincze) jedenfalls nicht. Darauf werden die Kinder am Sonnabend genau achten, wenn ab 16 Uhr die Premiere läuft. Denn in dem Stück nach den Gebrüdern Grimm bleiben die beiden nun mal kleben. So ganz hält sich Kube natürlich nicht an dem Märchen fest. Eine Balkonszene der Verliebten oder das Lied mit der Flöte stehen eher für andere Theaterereignisse. Doch so wird aus dem kindlichen Märchenstück ein Spaß für die ganze Familie. Zwar spielt es in einer Zeit „in der Denkanstöße noch manuell verabreicht wurden“. Doch „viel Geld haben und nicht dafür arbeiten müssen“, davon träumt nicht nur der Kunz aus Grimm’schen Zeiten.

Zwischen der frisch gezimmerten Schustershütte auf der einen Seite der riesigen Bühne und dem halbfertigen Schloss auf der anderen jagt eine Aktionszene die nächste. Wenn denn alles klappt. Der zauberhafte Baum muss noch geliefert werden. Was die Schauspieler aber allesamt in die Waagschale des Erfolges werfen, ist schon vor der Premiere beeindruckend. Von Nebenrollen kann man kaum sprechen, so präsent sind beispielsweise Trude und Käthe aber auch Kunz alias Johannes Krobbach und Franz (Grian Duesberg), wenn er beispielsweise erklärt: „Bedenke, wie viel Unheil durch mein Nichtstun verhindert wurde!“ Sein angeblich dümmlicher Bruder Klaus (Felix Lydike) ist cleverer als gedacht. Er hat längst erkannt, dass Pech nur der Deckname der Faulheit ist.

Wer den Defa-Film zum Märchen schon mochte, der kann sich freuen. Auch die Felsenbühne arbeitet mit der bekannten Musik von Jörg Kandl. Bekannt dürfte manchem auch der Haushofmeister vorkommen. Es ist Winnetou Michael Berndt-Cananá, diesmal nur mit blonden Haaren und viel lustiger. Schließlich stürmt sogar ein Zuschauer die Bühne. Ist das echt böhmisch oder nur ein Fake? Das Publikum wird schnell dahinterkommen.

Eine Frage bleibt bei all den Gags und Hintersinnigkeiten aber unbeantwortet: Warum in aller Welt muss die bis dahin traurige Prinzessin gerade an dieser Stelle ins Lach-Koma fallen? Vielleicht ist die Schlüsselszene ja auch nur etwas, das bloß zur Hauptprobe fehlt. Es könnte aber auch eine „Verschwörung von Wort und Tat sein, um den Verstand zu hintergehen“, wie es Peter Kube sprechen lässt.

Premiere „Die Goldene Gans oder Was wirklich kleben bleibt“, 13.5., 16 Uhr, weitere Vorstellungen: 14.5., 15 Uhr; 27.5., 16 Uhr; 28.5., 15 Uhr; 15.6., 11 Uhr