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Allein ist nicht allein

Vereinsbetreuer kommen dann zum Einsatz, wenn es keine Vorsorgevollmacht gibt. Das trifft zunehmend auch junge Leute.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Christine Enger vom Großenhainer Kupferberg ist krankheitsbedingt ans Bett gefesselt. Die 75-Jährige braucht tägliche Betreuung, doch sie ist allein. Das Betreuungsgericht hat ihr einen Betreuer zugesprochen, der ihr rechtlicher Vertreter ist. Josephine Achtert vom Betreuungsverein Meißen (BVM) ist für die Großenhainerin da, vor allem für ihre Gesundheitsvorsorge.

Dass der BVM sogar eine Geschäftsstelle in Großenhain auf der Hohe Straße beim Kraftverkehr unterhält, ist kaum bekannt. Vier Vereinsbetreuerinnen arbeiten hier und kümmern sich um 157 Menschen – auch in den Dörfern. „Seit 2002 sind wir in Großenhain, die Anzahl der zu Betreuenden ist aber rückläufig“, sagt Vorstand Wolfgang Krahl. Dazu trägt kurioserweise der Verein selbst bei. Eine seiner wichtigsten Aufgaben ist nämlich die Information über Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. 70 bis 80 Prozent der Ehepaare würden sich heutzutage gegenseitig so eine Vollmacht erteilen. „Wenn die Menschen selbst für den Fall einer Erkrankung oder Behinderung ein Familienmitglied oder einen Bekannten bestimmen, muss das Gericht nicht auf uns zurückgreifen“, so Wolfgang Krahl.

Gutachten sind Voraussetzung

Doch der Verein bekommt zunehmend junge Menschen zur Betreuung – Drogenabhängige, sehr kranke oder hoch verschuldete Menschen. „Deren Angehörige sind oft selbst mit ihrer Situation überfordert“, so Josephine Achtert. Ein sozialpsychiatrisches Gutachten und ein Sozialbericht sind Voraussetzungen für so eine Betreuung. Gegen den Willen eines Betroffenen kann aber kein Betreuer bestellt werden. Das wurde in Großenhain gerade bei den Fällen Toni und Roland K. bekannt.

Wie aber kommen solche hilfsbedürftigen Menschen zu einem Betreuer? Oft gibt es zuerst Hinweise aus dem Umfeld an die Kommune. Dann muss das Gericht über die Betreuungsbedürftigkeit desjenigen befinden. Auch der Betroffene selbst wird dabei angehört. „Eine Betreuung wird manchmal nur für bestimmte Defizite angeordnet, zum Beispiel für die Vermögensangelegenheiten oder für die Gesundheitsvorsorge“, sagt Vorstand Wolfgang Krahl. Die Betreuung kann nur einige Wochen dauern, oft aber auch viele Jahre, zum Beispiel bei psychisch kranken Menschen.

Immer gehe es darum, die dem Betroffenen zustehenden Ansprüche durchzusetzen. Die Betreuer organisieren dann materielle oder soziale Hilfe über Sozialvereine wie die Diakonie oder das DRK. Doch gegen den Willen des Betroffenen dürfen auch die Vereinsbetreuer nichts durchsetzen. „Geht es um Arztbesuche oder finanzielle Entscheidungen, sind auch manchmal Überredungskünste nötig“, sagt Josephine Achtert. Voraussetzung ist viel Vertrauen.

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nfonachmittage im Alberttreff

Finanziert wird eine Betreuung über die Justizkasse. Die finanzielle Situation des Betreffenden wird aber herangezogen. Ist er vermögend, zahlt er die Betreuung selbst. Jeden ersten Donnerstag im Monat hält der Betreuungsverein Meißen von 10 bis 12 Uhr Bürgersprechstunde in der Hohe Straße. „Hier kann man sich über die rechtlichen Grundlagen und die Regeln in der Betreuung informieren“, sagt Wolfgang Krahl. Auch über die Grenzen, die einem Fremdbetreuer gesetzt sind. Sein Verein, der seit 1993 besteht, berät auch ehrenamtliche Betreuer/Bevollmächtigte. Im Alberttreff veranstaltet er regelmäßig Infonachmittage zur Vorsorgevollmacht.

Der Betreuungsverein Meißen hat 24 Mitarbeiter, die zwischen Riesa und Radeburg tätig sind. In Sachsen gibt es insgesamt 33 Betreuungsvereine.