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Alle drei Minuten ein Einsatz

Wer in Ostsachsen den Notruf wählt, landet in der Leitstelle in Hoyerswerda. Und die Hilfe ist trotzdem schnell vor Ort.

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© Gernot Menzel

Von Uwe Schulz

Eigentlich ist es ein kleines Wunder: Man braucht im völlig unerwarteten Ernstfall plötzlich die Feuerwehr oder den Notarzt, wählt vom Festnetztelefon oder dem Handy die 112 und am anderen Ende meldet sich einer, der diese Hilfe organisiert. Der hat nicht einmal eine Minute Zeit, herauszubekommen, worum es geht, welche Art von Rettung oder Hilfe angebracht und auf den Weg zu schicken ist. Wenn dann alles klappt, rollen binnen weniger Minuten Krankenwagen oder Feuerwehren vor. Koordiniert wird diese Hilfe in den Landkreisen Bautzen und Görlitz seit wenigen Tagen zentral von einem einzigen Standort aus – der Integrierten Regionalleitstelle (IRLS) Ostsachsen in Hoyerswerda. Vor zwei Jahren gab es in Ostsachsen noch fünf kleinere solcher Leitstellen.

Für Ostsachsen ist die Reform des Freistaates bei den Leitstellen jetzt bis auf Restarbeiten umgesetzt. Neben der Hauptfeuerwache in Hoyerswerda wurde die Leitstelle hochgezogen, eine Rettungswache mit integriert. 2013 zogen als Erstes die Mitarbeiter der alten Leitstelle Hoyerswerda aus der benachbarten Feuerwache in den Neubau um. Es folgten Bautzen, Weißwasser, Görlitz und am 15. Dezember Löbau/Zittau. Die meisten Mitarbeiter der alten Leitstellen nahmen den neuen Arbeitsplatz in Hoyerswerda an und wechselten dafür auch den Arbeitgeber. Angestellt sind sie bei der Stadt Hoyerswerda. 124 Mitarbeiter zählen aktuell zum Fachbereich Feuerwehr, darunter 67 Mitarbeiter der Leitstelle. Davon sind wiederum sechs Systemadministratoren, sechs Dienstgruppenführer, eine Verwaltungsangestellte und 54 Disponenten. Gearbeitet wird in 12-Stunden-Schichten, Wechsel ist um 6 und um 18 Uhr. Am Tag haben neun Disponenten und ein Dienstgruppenführer Dienst, in der Nacht sind es vier Disponenten weniger. Jedem Disponentenarbeitsplatz ist je nach Tageszeit und Lage eine „Rolle“ zugeschrieben. Hier werden Notrufe bearbeitet, da Krankentransporte, nebenan die Anrufe des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes.

Alle zwei bis drei Minuten ein Einsatz

In Ostsachsen leben auf 4 500 Quadratkilometern rund 570 000 Menschen. Vor einigen Jahren waren es noch über 600 000. Allein in den ersten fünf Tagen dieses Jahres wurden von der Leitstelle Ostsachsen 2 500 Einsätze koordiniert – Notfallrettung, Krankentransport, Feuerwehreinsatz, Kassenarztbereitschaft und Sonstiges. Dazu kommen in etwa noch einmal genauso viele Anrufe, die nicht in einen Einsatz münden. Im Schnitt wird alle zwei bis drei Minuten ein Einsatz geführt. Doch es gibt Zeiten, da wird seltener angerufen, und Zeiten, da häufen sich die Anrufe. Nur dass es in der Leitstelle nicht klingelt. Die Anrufe werden automatisch an die einzelnen Plätze weitergeleitet. Daher sind die Stimmen der Disponenten hier das lauteste Geräusch. Das alles geht nur dank moderner Technik. Hochleistungsrechner bewältigen die gewaltigen Datenmengen.

Dank der Regelungen im Telekommunikationsgesetz wird bei jedem Anruf auf der Notrufnummer 112 die Telefonnummer des Anrufers angezeigt, samt dem Namen, auf den der Anschluss gemeldet ist. Auf einer Landkarte wird dem Disponenten auch umgehend der Standort des Anschlusses markiert. Mit einem Klick kann die Karte auch mit einer Satellitenaufnahme unterlegt werden. Straßennamen, Hausnummer, alles da, jedenfalls all jene Daten, die von den Kommunen gemeldet sind. Ein eben erst bezogenes Eigenheim kann unter Umständen noch nicht eingezeichnet sein. Je nach Bauart und Alter sind auch die Nutzer von Mobilfunkgeräten zu orten, wenngleich noch nicht sehr genau. Dennoch sind so bereits während des Anrufes, noch bevor der Anrufer etwas sagt, Verwechslungen gleichnamiger Orte wie beispielsweise Uhyst oder Neustadt ausgeschlossen. Jedes Gespräch wird aufgezeichnet, kann nochmals angehört werden.

Schnelle Entscheidungen verlangt

Doch die wichtigste Komponente in der Notruf-Koordinierung sind und bleiben die Disponenten. Sie entscheiden im Laufe der Notrufabfrage meist binnen einer Minute, was zu tun ist. Dafür sind sie speziell ausgebildet. Sie sind nicht nur Leitstellendisponenten, sondern haben auch eine Ausbildung zum Brandmeister und zum Rettungsassistenten (künftig Notfallsanitäter) absolviert. Und damit die praktische Erfahrung stets frisch bleibt, sind alle Beschäftigten in ein Rotationsprinzip eingebunden.

Zwischen der Annahme der einzelnen Notrufe werden die bereits laufenden Einsätze weiter begleitet, bis sie abgeschlossen sind. Kontakt mit den Einsatzkräften vor Ort, Anmeldung eines Notfall-Patienten in einem Krankenhaus – all das ist Job eines Leitstellendisponenten. Auf Landkarten am Monitor wird derweil in Echtzeit der Standort eines jeden Krankenwagens, Feuerwehrfahrzeugs und Rettungshubschraubers angezeigt – samt Einsatzstatus. Irgendwie ist es wirklich ein kleines Wunder.