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Alkanti-Aus macht Suchtkranke zu Pendlern

Löbauer Teilnehmer werden in Schöpstal mit betreut. Suchtberater widersprechen der Begründung des Ministeriums.

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© Matthias Weber

Von Constanze Junghanß

Von der geplanten Schließung von dem Suchthilfeprojekt „Wiesel“ - Wege in ein suchtfreies Erwerbsleben – ist auch das Alkanti in Löbau betroffen (SZ berichtete). Mit dem Aus vom Standort musste sich nun auch das Sächsische Sozial-Ministerium beschäftigen. Volkmar Zschocke (Bündnis90/Die Grünen) hatte dazu eine Kleine Anfrage an den Landtag gestellt.

Die Antworten vom Ministerium geben keine Hoffnung auf die Weiterführung des Projekts. So heißt es im Antwortschreiben – unterzeichnet von Staatsministerin Barbara Klepsch (CDU): „Aufgrund der abnehmenden Teilnehmerzahlen hat sich das Jobcenter entschlossen, die Teilnehmerplätze in der Gesamtmaßnahme zu reduzieren.“ Zusammen mit Löbau, Schöpstal, Zittau und Weißwasser gibt es bis Ende Mai vier solcher Projektstandorte im Landkreis Görlitz. Nur ein Standort soll bleiben. Das ist der in Schöpstal. Dort sollen künftig Betroffene aus dem ganzen Kreisgebiet betreut werden. Wie sie dort hinkommen, ist unklar. Diese Frage beantwortet die Pressestelle vom Landkreis Görlitz nicht. Nicht in jedem Ort gibt es Zug- oder Busverbindungen, die bis nach Görlitz fahren. Vom Görlitzer Bahnhof sollen Teilnehmer der Alkanti-Maßnahme nach Schöpstal gebracht werden. Künftig also auch Löbauer Klienten. So sagt das Projektmitarbeiter Frank Lehnard. „Das Jobcenter übernimmt die Fahrtkosten“, teilt Pressesprecherin Susanne Lehmann mit.

Die Auslastung am Löbauer Standort habe im Vorjahr bei nur noch 50 Prozent gelegen. Wer dort teilnahm, wurde vom Jobcenter zugewiesen. Diese Zuweisungen vonseiten der Behörde wurden immer weiter zurückgefahren. Zwölf Plätze für Suchtkranke gab es. Daraus zieht das Staatsministerium laut Mitteilung den Schluss, das Alkanti-Projekt sei so erfolgreich, dass sich das an der sinkenden Teilnehmer-Zahl ausgedrückt habe. Heißt also: Es gebe in Löbau weniger Menschen mit Suchtproblemen.

Das sieht die Löbauer Suchtberatungsstelle anders. 339 Menschen hat Sozialarbeiterin Kerstin Lauterbach im Jahr 2017 beraten. „Diese Zahlen blieben gegenüber den Vorjahren konstant“, sagt sie. Kein Rückgang also. Die Suchtberatungsstelle ist nicht vom Alkanti-Aus betroffen. Immer wieder landeten deshalb Nachfragen auf dem Tisch der Beraterin. „Sie bleibt weiter bestehen“, bekräftigt Kerstin Lauterbach.

Dennoch sei die Schließung des Alkanti-Projektes problematisch. Denn dorthin hatte bis dato das Jobcenter die Leute vermittelt. Sie lernten einen geregelten Tagesablauf mit Beschäftigung in Tischlerei oder Garten – selbstverständlich ohne Alkohol- und Drogenkonsum. Ziel dabei war, die Teilnehmer wieder fit für das Arbeitsleben zu bekommen. Zwischen Alkanti und Beratungsstelle gab es dafür Schnittpunkte. Ausschließlich zur Beratungsstelle im gleichen Haus wie Alkanti kommen die Klienten auf absolut freiwilliger Basis. Diese Form der Beratung sei keine Pflicht, so Lauterbach. Mit der Schließung des Projekt-Standorts falle die Nachsorgemöglichkeit jedenfalls weg. „Darunter leidet die Qualität der Suchtberatung“, sagt die Sozialpädagogin. Die Einschätzung vom Sozialministerium Dresden teilt sie nicht. „Es werden nicht weniger Menschen mit Suchtproblemen“, sagt sie. Vielmehr sei im Laufe der Jahre erkennbar, dass die Schwere der Erkrankungen durch gestiegenen Suchtmittelkonsum zugenommen habe.

Vom Landkreis heißt es dagegen ebenfalls, dass sich aufgrund des Projekterfolges die Teilnehmerzahlen erheblich reduziert hätten. „Zurückgegangen sind die Arbeitslosenzahlen im Landkreis“, erklärt Suchttherapeut Frank Lehnard. Alkanti ist ausschließlich für Arbeitslose mit Hartz-IV-Bezug gedacht. Dass es bei den Hartz-IV-Beziehern weniger Suchtkranke gibt, kann Lehnard nicht bestätigen.