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Agrargenossenschaft sucht Wirt

Milchpreis, Mindestlohn: Es gibt mehrere Gründe für die Entscheidung in Nieder Seifersdorf.

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© André Schulze

Von Jens Trenkler

Der Fahrzeugverkehr zwischen der Autobahnanschlussstelle Nieder Seifersdorf und Niesky schlängelt sich an einem Nachmittag über die Staatsstraße 122 durch Waldhufen. Ortsunkundige vermuten in dem hallenförmigen, weißen Gebäude am Straßenrand kaum eine gastronomische Einrichtung. Ein kleiner Werbeaufsteller weist jedoch auf die Gaststätte „Zum Landwirt“ hin. Es ist kurz vor dem Feierabend. Im Inneren nimmt Geschäftsführerin Karin Schenk noch eine Buffet-Bestellung für eine Feierlichkeit entgegen.

Alles sieht nach einem ganz normalen Gaststättenbetrieb aus. Und das soll auch so sein, bestätigt Hans-Günter Schleuder, Vorstand der Agrargenossenschaft Nieder Seifersdorf. „Der Vorstand möchte eine Einschränkung des Versorgungsangebotes vermeiden und wird, entgegen anderslautenden Gerüchten, die Gaststätte Zum Landwirt nicht schließen“.

Anfang dieses Monats teilte die Agrargenossenschaft in einer öffentlichen Information mit, dass der Aufsichtsrat bereits am 10. März den Beschluss gefasst hatte, mittelfristig einen neuen Eigentümer oder Betreiber für die Gaststätte zu suchen. Anlass für diese strategische Entscheidung sei die gegenwärtig sehr angespannte Situation in dem Hauptproduktionszweig Milchproduktion, welche es auf absehbare Zeit nicht erlauben wird, in größerem Umfang in den Gaststättenbereich zu investieren, so die Agrargenossenschaft. Wie viele Landwirte in ganz Deutschland kämpft auch das hiesige Unternehmen mit seinen insgesamt rund 50 Mitarbeitern mit den extrem gesunkenen Milchpreisen. 46 Cent kostet der Liter Milch derzeit in deutschen Supermärkten.

Was viele Verbraucher freut, treibt die Landwirte in den Ruin. Bei ihnen kommt gerade einmal die Hälfte des Verkaufspreises an. Zu wenig, um wirtschaftlich zu arbeiten. Die Agrargenossenschaft Nieder Seifersdorf selbst bewirtschaftet derzeit eine Gesamtfläche von rund 1 700 Hektar. Zudem sorgt sich das Unternehmen im Bereich der Tierproduktion um fast 780 Rinder. Der Milchpreis im Rekordtief und der eingeführte Mindestlohn machen es so schlicht unmöglich, sich weiterhin im Restaurantbereich zu engagieren. Landwirtschaft und Gastronomie scheinen hier nun doch eine endliche Geschichte zu werden, denn bereits im Dezember 2013 entschloss sich das Unternehmen, die ebenfalls zur Agrargenossenschaft gehörende Gaststätte Stadt Löbau zu schließen. Hauptgrund für die damalige Schließung waren vor allem die baulichen Zustände am Objekt, der Restaurierungsstau.

Entgegen derzeit kursierender Gerüchte möchte man bei der Gaststätte Zum Landwirt jedoch bis zu einer möglichen Betriebsübergabe die Gaststätte in Baarsdorf weiter fortführen und die Kundschaft mit der gewohnten Qualität weiter versorgen. Auch der im „Landwirt“ integrierte Bereich des Buffet- und Partyservice soll so lange weitergeführt werden.

Unterdessen bietet die Agrargenossenschaft auch in bekannten Immobilienplattformen das Objekt mit 1 846 Quadratmetern zum Kauf an. Was aus den im „Landwirt“ beschäftigten Mitarbeitern nach einem Verkauf oder Wechsel des Betreibers wird, ist derzeit völlig unklar. Die Leiterin des Wirtshauses wollte sich selbst zu diesem Thema nicht äußern.