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Ärzte gesucht

Jeder dritte Hausarzt im Landkreis geht demnächst in den Ruhestand. Jetzt wollen Mediziner und Kreis um Nachwuchs werben.

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© André Schulze

Von Alexander Kempf

Landkreis. Für Susanne Heinzel hat sich mit dem Job im Klinikum Oberlausitzer Bergland ein großer Wunsch erfüllt. Seit 2013 arbeitet die junge Medizinerin als Ärztin in Weiterbildung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Standort Ebersbach. Sie mag es, in einem vergleichsweise kleinen Krankenhaus zu arbeiten. „Das hat den Vorteil, dass ich schnell mit dem Kollegen in Kontakt komme. Die Chancen, direkt von Chef- und Oberärzten zu lernen, sind groß.“ Auch für das Leben auf dem Land hat sie sich bewusst entschieden. „Es ist ruhiger, die Wege sind kurz, Natur ist immer in der Nähe und die Immobilienpreise sind erschwinglich“, zählt sie die Vorteile auf.

Doch das spricht sich nur langsam herum. Deswegen hat der Landkreis schwer damit zu kämpfen, genügend Ärztenachwuchs in die Region zu holen. Das aber ist nötiger denn je, denn im Landkreis gehen in den nächsten Jahren viele der niedergelassenen Haus- und Fachärzte in den Ruhestand. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung vom November 2015 waren damals 13 von 48 Hausärzten in Görlitz älter als 60 Jahre, im gesamten Landkreis war es jeder dritte der 174 Hausärzte. Bei den Fachärzten sieht die Lage mitunter noch dramatischer aus. Bei den Augenärzten waren es acht von 20 im Landkreis. Um Geschichten wie die von Susanne Heinzel bekannter zu machen, hat das Ärzte-Netz Ostsachsen eine Imagekampagne gestartet, mit der Ärzte in den Landkreis geholt werden sollen. „Wir vermeiden den Begriff Mangel gerne. Aber wir haben einen hohen Ärztebedarf“, sagt Ute Taube. Die niedergelassene Fachärztin aus dem Herrnhuter Ortsteil Berthelsdorf ist Vorsitzende der Kreisärztekammer Görlitz und einer der Köpfe hinter der Imagekampagne. Im Moment gehören 22 Mediziner verschiedener Fachrichtungen dem Ärzte-Netz an.

Dabei fehlt nicht nur in sehr ländlichen Regionen des Kreises medizinisches Fachpersonal. „Mittlerweile ist das auch ein Thema für kleine Städte“, sagt Ute Taube. In Zittau oder Löbau gebe es bei Fachärzten bereits „Nachbesetzungsbedarf“. Auch Kliniken hätten Schwierigkeiten, Assistenzärzte zu finden. Einen drohenden Mangel an Medizinern gibt es auch in Niesky. Dort stünden 2018 fünf Praxen vor dem Ende, ohne bisher einen Nachfolger zu haben. Schon jetzt sei man in der Stadt auf die Hilfe eines 80-jährigen Arztes angewiesen, unterstreicht der Vorsitzende des Ärzte-Netzes Ostsachsen, Volker Höynck, den Handlungsbedarf. Er ist als Praktischer Arzt in Niesky tätig. Mit der Imagekampagne sollen auch ganz bewusst junge Menschen aus der Region, die Medizin studieren wollen, für eine spätere Rückkehr in die Heimat begeistert werden. Doch bis ein Abiturient Medizin studiert und seinen Facharzt abgeschlossen hat, vergehen elf Jahre.

Mit Blick auf den Altersschnitt der Ärzte im Landkreis Görlitz verspürt auch Sozialbeigeordnete Martina Weber großen Handlungsdruck. „Wir wollen Fachkräfte für die Region sichern. Wer hier arbeiten will, der will auch medizinisch versorgt sein“, sagt sie. Darum habe der Landkreis einen entsprechenden Kreistagsbeschluss auf den Weg gebracht. Die Internetseite für die Imagekampagne hat anschließend die Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz, ein Tochterunternehmen des Landkreises, umgesetzt. Erster Ansprechpartner für Ärzte, die mit einem Umzug in die Oberlausitz liebäugeln, ist ab sofort Hans-Joachim Tauch. Der langjährige Hauptamtsleiter der Stadt Niesky fungiert als Netzwerk-Manager beim Ärzte-Netz Ostsachsen. Ihm zufolge soll die Internetseite samt Imagefilm intensiv vermarktet werden. „Es wird weitergehen“, kündigt er an. Der Fokus liege an erster Stelle darauf, die Kampagne – auch mithilfe der Görlitzer Agentur Machtwort – im Internet bekannt zu machen. Geplant ist zudem, mit Erfolgsgeschichten auf einem Jobportal zu werben. Schon jetzt erzählen zwei junge Ärzte auf der Internetseite von ihren Erfahrungen in der Region. Am 20. Mai wird die Interessengemeinschaft an der Messe Insidertreff in Löbau teilnehmen. Das Ärzte-Netz Ostsachsen möchte aber nicht nur für den Reiz der Region werben, sondern auch konkrete Angebote machen. „Wir wollen die Weiterbildungsangebote ausbauen“, kündigt Martina Weber vom Landkreis an. Mentoren etwa sollen jungen Medizinern helfen, ihren Facharzt in der Region schnell und gut abzuschließen.

Um jungen Fachkräften noch mehr bieten zu können, will das vor zwei Jahren gegründete Ärzte-Netz weiter wachsen und mehr Ärzte aus dem Kreis Bautzen ansprechen. Ohnehin hat Sachsen Nachholbedarf, so Volker Höynck. Im Freistaat gebe es nur vier solcher Ärztenetzwerke, in Nordrhein-Westfalen hingegen seien es 38. Dabei suchen gerade junge Mediziner Anschluss. In Görlitz gibt es beispielsweise einen Hausärzte-Stammtisch. „Die Arbeit ist interaktiver und kommunikativer geworden“, schildert Höynck. Junge Ärzte wollen mitgestalten und begleitet werden.

www.aerzte-fuer-ostsachsen.de