Merken

Ärger wegen zerfahrener Waldwege

Mehrere Trassen am Valtenberg sind nach Forstarbeiten kaum noch begehbar. Neukircher sind sauer.

Teilen
Folgen
© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Neukirch. Auf die Forstleute, die in den vergangenen Wochen im Wald neben den Gleisen zwischen den beiden Neukircher Bahnhöfen gearbeitet haben, ist die Frau nicht gut zu sprechen. Sie gehe gern mit ihrem Hund den Schenkenweg entlang, berichtet sie. Der führt von Neukirchs Dorfmitte auf kurzem Weg in den Wald. Weshalb viele Bewohner, die im Forst spazieren gehen, joggen oder ihren Hund ausführen möchten, diesen Weg nutzen. Doch am Waldrand kehren die meisten von ihnen jetzt wieder um. Denn auf den Waldwegen kann man kaum noch laufen, nachdem sie von den schweren Forstmaschinen zerfahren wurden. Knöchelhoch sind dort Spurrinnen und Schlamm. Erholung in Gummistiefeln? Nein danke, winken da viele ab.

Sturmschäden werden beseitigt
Eigentümer des betroffenen Waldstückes ist die Kirche. Sie besitzt in Neukirch eine vergleichsweise kleine Fläche, nur 25 Hektar. Verwaltet wird der Forst durch das Regionalkirchenamt. Zurzeit werden in dessen Auftrag von einer Fachfirma Forstarbeiten ausgeführt, bestätigt Matthias Oelke, Pressesprecher des Evangelisch-Lutherischen Landeskirchenamtes, auf Anfrage. Dabei geht es um notwendige Maßnahmen der Verkehrssicherung, die nach den schweren Stürmen dieses Jahres auch an vielen anderen Orten durchgeführt werden müssen. Heißt: Bäume, die durch den Sturm umgeworfen oder beschädigt worden sind, müssen gefällt und aus dem Wald gebracht werden, um Gefahren zu beseitigen. Die Hundefreundin, die sich bei der SZ meldete, hat dafür Verständnis. Doch nicht nur sie fragt, ob der Forst die Waldwege nicht schonender nutzen oder zur Bewirtschaftung von Waldflächen auch andere Wege wählen kann. „Nach dem vielen Regen in diesem Jahr sind viele Wege aufgeweicht. Es gibt befestigte Wege, die für die Maschinen viel besser geeignet sind. Man hätte auch am Waldschlösschen vorbeifahren können“, sagt die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

„Besser wäre immer ein gefrorener Boden“, sagt Matthias Oelke. Aber an den wenigen Tagen mit Temperaturen unter Null Grad Celsius können die wenigen Fachbetriebe nicht überall gleichzeitig sein. Hinzu- komme in Neukirch ein spezielles Problem, das einer grundsätzlichen Klärung bedarf: die Entwässerung des stark abschüssigen Weges am Hang gleich neben der Bahnlinie. Hier freilich wäre auch der benachbarte Waldbesitzer gefragt.

Nicht nur der viel begangene Weg entlang der Bahnlinie, der zwischen Waldsiedlung und Valtental sogar als Wanderweg markiert ist, ist ein Sorgenkind von Wander- und Naturfreunden. Auch zahlreiche andere Wege im Valtenberg- und Hohwaldgebiet sind durch die schwere Forsttechnik beschädigt. Teilweise so stark, dass mancher schon um die Skiloipen in diesem Winter bangt.

Die Klagen der Neukircher sind in der Gemeindeverwaltung bekannt, sagt Bürgermeister Jens Zeiler (CDU). Er sieht sich als Mittler zwischen den Wünschen von Bürgern und den Interessen der Waldbesitzer. Diese müssten „auch ihre Arbeit machen“. Er habe Verständnis für die Belange des Forstes, sagt Jens Zeiler. Wohl wissend, dass er die Zustimmung der Waldeigentümer braucht, um sein Ziel zu erreichen, den Valtenberg, die höchste Erhebung im Lausitzer Bergland, touristisch zu entwickeln. Sämtliche Ideen und Konzepte lassen sich nur mit den, nicht gegen die Waldeigentümer realisieren. Aus diesem Grund setzt Jens Zeiler auf Gespräche, Verständigung und einen Interessensausgleich. Dazu gehört auch, dass durch Forstarbeiten beschädigte Waldwege anschließend wieder so hergestellt werden, dass sie Wanderer, Läufer, Radfahrer und Skiläufer sicher und mit Freude nutzen können. – Waldarbeiten führen zu Schäden an Wegen, räumt auch Matthias Oelke ein. Zugleich versichert er für den Neukircher Kirchenwald, dass die Wege wieder in Ordnung gebracht werden. Dies sei bei einem Vor-Ort-Termin vor wenigen Tagen auch so vereinbart worden.

Fast jeder Zweite lehnt Technik ab
Forstmaschinen arbeiten heute hocheffektiv. Sogenannte Harvester fällen Bäume, entästen sie und schneiden die Stämme auf Maß. Allerdings graben sich die tonnenschweren Maschinen mit ihren großen Ballonreifen tief in Waldwege ein und hinterlassen im Wald tiefe Furchen. Um die Akzeptanz von Waldbesuchern für den Einsatz dieser Technik herauszufinden, gab die Verwaltung des Nationalparks Sächsische Schweiz in diesem Jahr eine Umfrage in Auftrag. Von den 367 Befragten erklärten fast 42 Prozent, sie sehen den Einsatz von Forstmaschinen im Nationalpark eher negativ. Nur 7,5 Prozent äußerten sich positiv. 50 Prozent antworteten mit teils-teils. Jeder Dritte berichtete, Schäden selbst gesehen zu haben. Insbesondere Stammgäste im Elbsandsteingebirge lehnen den Maschineneinsatz ab, der in den Monaten November bis März erfolgt.

Auch wenn der Nationalpark wesentlich sensibler als das Valtenberggebiet ist, so würde eine Befragung in Neukirch wahrscheinlich kein nennenswert anderes Ergebnis bringen. Die Nationalparkverwaltung wolle die Ergebnisse der Befragung für „die gezielte Weiterentwicklung der Besucherinformation und -betreuung“ nutzen, erklärte der Chef Dietrich Butter. Die Aufgabe der Behörde sei es auch, für einen Interessensausgleich zwischen Waldbewirtschaftung, Naturschutz und Erholungsfunktion zu sorgen. Was diese Aufgabe angeht, dürfte es durchaus Parallelen zu hiesigen Forstbehörden geben. (mit SZ/kle)