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Ärger um einen Ziegenbock

Das Tier grast an der Hohen Straße in Kamenz in der Nähe des Katholischen Kinderhauses. Das gefällt nicht jedem.

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© René Plaul

Von Nicole Preuß

Kamenz. Dieser Ziegenbock hat die Ruhe weg. Er frisst, er kaut. Manchmal stellt er sich unter die Zweige eines nahen Baums, weil es regnet. Doch die meiste Zeit läuft er herum und guckt. Er hat auch viel zu sehen. Der Ziegenbock steht vor den Werkstoren der Kamenzer Firma Nutzfahrzeug Service, direkt an der Hohen Straße. Tausende Autos fahren jeden Tag vorbei. Und so ist es auch kein Wunder, dass das Tier aufgefallen ist. Schließlich sieht man in Kamenz nicht überall einen richtigen Ziegenbock.

Manche sorgen sich aber um den Zustand des Tieres. So bringt eine Kamenzerin dem Bock jeden Tag Möhren und Brot, weil sie glaubt, dass er sonst nicht genug zu fressen hat. Sie hat beobachtet, dass das Tier mehrere Tage lang nicht umgepflockt wurde. Außerdem kritisiert sie, dass der Ziegenbock keinen Unterstand hat. „Er zittert, das kann man beobachten“, sagt sie. Die Frau hat sich schon an das Veterinäramt und an den Tierarzt gewendet. „Doch nichts tut sich“, sagt sie.

Die Halter des Ziegenbocks sehen das natürlich anders. Sie hatten schon mehrere Male mit dem Veterinäramt zu tun, immer weil die Leserin die Haltung kritisiert hatte. „Das nervt natürlich“, sagt die Halterin. Der Ziegenbock steht an der Hohen Straße, weil er das Gras dort abfressen soll. „Er ist ein günstiger Rasenmäher“, sagt die Halterin. „Und die Kinder des Kinderhauses freuen sich an dem Tier.“ Tatsächlich kennen die Kinder des Kindergartens den Ziegenbock bereits. Nicht wenige schauen auf dem Weg ins Kinderhaus erst mal, wo das Tier mit dem treuen Blick geblieben ist.

Die Familie, zu der der Ziegenbock gehört, guckt selbst jeden Tag nach dem Bock. „Wir sehen auch, dass er in Baumnähe angepflockt ist, damit er sich unterstellen kann, wenn es regnet“, sagt die Halterin. „Wir geben uns Mühe.“ Früher stand noch eine weitere Ziege auf der Wiese in der Nähe der Brücke an der Schwarzen Elster. Doch die ist weg. Und eine neue Gefährtin will der Ziegenbock nicht. Das Veterinäramt des Kreises hat sich die Situation vor Ort schon viermal angesehen. Die Kontrollen begannen im Juni. Damals hatte jemand die Haltung des Ziegenbocks beim Landratsamt kritisiert und angezeigt. Vertreter des Amtes schauten sich den Ziegenbock vor Ort an und besprachen mit dem Halter kleinere Mängel. So sollte bei der Wasserversorgung, dem Witterungsschutz und der Kettenführung des Bockes nachgebessert werden. Im Juni und August kontrollierte das Amt nach und befand, dass die Haltung generell in Ordnung ist. Trotzdem fuhren Vertreter des Amtes im September aufgrund einer neuen Anfrage wieder an die Hohe Straße. „Das Tier befand sich in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand, hatte ausreichend Futter und Wasser sowie Witterungsschutz unter einem Baum“, sagt der Sprecher des zuständigen Landratsamtes, Gernot Schweitzer. „Ein Verstoß gegen Tierschutzvorschriften ist derzeit nicht festzustellen.“

Die Halter des Ziegenbocks wollen dem Ärger um das Tier nun aber trotzdem ein Ende bereiten. So soll das Nutztier Ende des Jahres oder Anfang des nächsten geschlachtet werden. Das Veterinäramt warnt davor, Tiere wie Ziegen, Schafe oder Pferde zusätzlich zu füttern. „Das sollte unterbleiben, da meist zu viel leicht verdauliche Kohlenhydrate wie Brötchen gegeben werden, was der Gesundheit der Tiere ernsthaft schaden kann“, sagt Schweitzer.