Von Peter Hilbert
Regina Spank-Henne wohnt gern in Löbtau mit seinen schönen Gründerzeithäusern und viel Grün. Ein Problem hat die 69-Jährige allerdings direkt vor ihrem Haus an der Rabenauer Straße. Betonplatten des Fußwegs ragen empor, Steine sind locker, Wurzeln werden zu Stolperfallen. „Außerdem gibt es keine Laternen“, sagt sie. „Im Dunkeln kann ich fast nicht mehr laufen.“ Regnet es, stehen tiefe Pfützen. Ihr ist zum Glück noch nichts passiert, jedoch ihrem Mann. Ludwig Henne ist beim Joggen an der Kesselsdorfer Straße gestürzt. Gleich um die Ecke sehen die Fußwege auch so aus. „Im kleinen Finger ist eine Sehne gerissen. Ich habe jetzt eine Metallkralle drin“, berichtet der 70-Jährige. Sein Arzt habe gesagt, dass dies so bleibt.
„Wie an der Rabenauer Straße sehen viele Dresdner Fußwege aus“, sagt Frank Kutzner. Der 34-jährige Verkehrsplaner ist im Vorstand des Fachverbandes Fuß e.V. und kennt die Probleme.
Der desolate Zustand: Verzweifelte Anrufe bringen nichts
„In Fußwege wird viel zu wenig investiert“. sagt Kutzner. Der Zustand werde immer schlechter. Hinzu kommen viele Baustellen, beispielsweise von Anbietern fürs schnelle Internet in Löbtau. Gehwege würden zwar wieder hergestellt, aber viel schlechter als vorher. „Ich habe oft bei der Straßeninspektion angerufen“, sagt er. „Geändert hat sich aber nichts.“
Straßenbauamtschef Reinhard Koettnitz bestätigt, dass sich viele Bürger melden. Zustände wie auf der Rabenauer Straße sind längst nicht die schlimmsten in Dresden. Oft gebe es aber Hinweise auf Stellen, von denen keine Gefahren ausgehen. Da wird höchstens ein Warnschild aufgestellt. Viele Gehbahnen würden auch von Lkws zerstört. „Fakt ist, wir haben Defizite“, räumt er ein. „Sie bei dieser Größenordnung aufzuarbeiten, schaffen wir aber nicht.“ Dafür fehlt das Geld.
Barrierefreie Fußwege: Noch immer Kopfsteinpflaster an Zufahrten
„An vielen Fußwegen haben wir durchgängig sehr hohe Bordsteinkanten“, nennt Kutzner das nächste Problem. Noch viel zu selten würden sie abgesenkt, um Wege für Senioren oder Mütter mit Kinderwagen zu ebnen. Zudem würden Wege noch oft von Einfahrten mit Kopfsteinpflaster durchschnitten. „Viel besser sind glattgeschnittene Steine“, verweist er auf die Alternative.
Die Stadt versucht zumindest, Lösungen zu schaffen. Bei Instandsetzungsarbeiten werden Borde an Kreuzungen abgesenkt, erklärt Koettnitz. Beim Neubau von Wegen fordert die Stadt zudem, geschnittenes Pflaster einzubauen. An der Leipziger Straße sei dies nicht geschehen. Da musste die Baufirma das Kopfsteinpflaster wieder herausreißen und geschnittenes einbauen. Allerdings gebe es immer noch viele in den vergangenen 50, 60 Jahren gebaute Einfahrten mit Kopfsteinpflaster.
Gefährliche Querungen: Senioren kommen schwer über die Straße
„Dresden ist auch bei den Querungsmöglichkeiten sehr fußgängerunfreundlich“, sagt der Verbandsvorstand. Senioren könnten nicht immer Hunderte Meter weit bis zur nächsten Ampel gehen. Fehlen würden Mittelinseln, Straßen-Einengungen oder gewellte Gehwegüberfahrten in Wohngebieten, führt er einige Beispiele an.
„Es ist nicht so, dass wir im Elfenbeinturm sitzen“, versichert Koettnitz. Sein Amt arbeite mit Verbänden von Blinden, Behinderten oder Senioren zusammen, um Lösungen zu finden. So sei beim Ausbau an der Straße an der Bürgerwiese eine Fußgängerinsel hinzugekommen. Der Denkmalschutz sei zwar wegen des Anblicks am traditionsreichen Park dagegen gewesen. Gebaut wurde dennoch. Mitunter gebe es aber ganz andere Probleme, so vor Grundschulen. „Viele Kinder werden von Eltern mit dem Auto gebracht, die unter Zeitdruck stehen. Es ist erwiesen, dass sie dort den meisten Stress verursachen“, sagt er.
Zu schmale Wege: Kaum Platz für Fußgänger und Radfahrer
Nicht wenige Gehwege sind sehr schmal. Für Fußgänger wird es oft gefährlich, wenn dann noch Radfahrer vorbeibrausen, nennt Kutzner das Problem. Viele Wege sind vor 70 oder 80 Jahren gebaut worden, sagt Koettnitz. „Da können wir nicht viel machen, ohne erheblich in private Grundstücke einzugreifen.“ Eine Lösung habe er nicht.
Die Strategie: Fußgänger kommen gegenüber Kraftfahrern zu kurz
Besonders vermisst Frank Kutzner eine städtische Strategie für Fußwege. Beispielsweise in Berlin würde viel mehr getan. Dort gebe es unter anderem ein Zebrastreifen-Programm. Er kritisiert zudem, dass es keinen Fußverkehrsbeauftragten gibt.
Den hält Koettnitz nicht unbedingt für nötig. „Wir haben gute Planer, die sich sehr intensiv mit Fußgängern beschäftigten.“ Entsprechende Konzepte gebe es auch bis hin zur Prioritätenliste. „Wir haben aber erhebliche Umsetzungsprobleme, um alle Belange von so einer Großstadt unter einen Hut zu bringen“, sagt der Amtschef. Kommentar