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Ärger um Arbeitsstunden

Weil er seine Pflichtarbeit im Kleingartenverein nicht geleistet hat, soll Erhart Kohl zahlen. Doch er weigert sich.

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© Eric Weser

Von Eric Weser

Strehla. Zur guten Laune – so heißt der Eingang, in dem Erhart Kohls Schrebergarten liegt. Seit mehr als einem halben Jahrhundert zieht der Strehlaer an der Reußner Straße in seinen Beeten Gemüse, pflanzt Blumen und erntet Obst. Doch derzeit ist gute Laune des Anfang Achtzigjährigen getrübt.

Zwischen Erhart Kohl und dem Chef des Kleingartenvereins gibt es Streit um die Arbeitsstunden. Das sind jene Pflichtstunden, in denen Kleingärtner Gemeinschaftsarbeit leisten müssen. Dazu gehört zum Beispiel die Wegpflege oder das Grasmähen in leeren Gartenparzellen. Wie in vielen Kleingartenvereinen gibt es auch an der Reußner Straße in Strehla die Regel: Wer keine Pflichtstunden leistet, muss stattdessen etwas in die Vereinskasse zahlen.

Auch Erhart Kohl soll 40 Euro berappen. Denn nach Ansicht des Vereinschefs hat er seine Pflichtstunden nicht geleistet. Kohl widerspricht: Ein Ehepaar aus einem benachbarten Kleingarten habe die Stunden für ihn geleistet. Eine nette Geste der beiden Riesaer, die selbst Rentner sind, aber deutlich jünger als Kohl. Diese Geste wolle der Vereinschef nur eben nicht anerkennen, sagt Erhart Kohl. Am Gartenzaun soll es deshalb zu einem unschönen Wortwechsel zwischen den beiden Männern gekommen sein.

Der ehemalige Stahlwerker Kohl macht indes nicht den Eindruck, als sei er auf Streit aus. „Ärger kann ich auch gar nicht brauchen“, sagt er. Der Witwer lebt seit dem Tod seiner Frau vor einigen Jahren allein. Mit seinem Haus oben in der Stadt habe er gut zu tun. Seinen Garten würde der sogar abgeben. Auch wenn viele schöne Erinnerungen an den 300 Quadratmetern hängen: Sie in Schuss zu halten, werde nicht einfacher. Aber es finde sich kein Nachfolger. Deshalb macht Kohl weiter.

Doch nun diese Sache mit den Pflichtstunden. Erhart Kohl hätte das Ganze am liebsten im Gespräch mit dem Vereinschef ausgeräumt. Aber das habe ja nicht funktioniert. Mehr noch: Eine Strafe habe der Vorstand ihm angedroht. Was genau, das hat Erhart Kohl nicht so recht verstanden. Die Sache hat den Rentner aber aufgewühlt. Bekannte haben ihm geraten, dass seine Gartennachbarn die für ihn geleisteten Stunden schriftlich auflisten sollen. Das hat das Ehepaar aus Riesa gemacht.

Er kenne das Schreiben bisher nicht, sagt Vereinschef Gerd Rönisch. Er werde es aber auch nicht akzeptieren. Aus seiner Sicht hat Erhart Kohl es verpasst, sich rechtzeitig über das Ableisten der Pflichtstunden mit dem Verein zu verständigen. Schon seit jeher passiere das am Jahresanfang, wenn die Pachtzahlung fällig ist – und nicht im Laufe des Jahres, so Rönisch. Übertragbar seien Pflichtstunden ohnehin nicht. Die Gartennachbarn hätten auch keine Berechtigung, diese zu übernehmen.

Deshalb will der Vereinschef bei seiner Forderung bleiben und das Geld nötigenfalls auch per Mahnung bei Erhart Kohl eintreiben. Eine Ausnahme zu machen, lehnt Gerd Rönisch ab. „Wenn ich einmal eine mache, dann will jeder eine haben.“ Er habe noch viele weitere Probleme, um die er sich kümmern müsse, sagt der 63-Jährige, der den Vorsitz nach zuletzt mehreren Wechseln an der Vereinsspitze übernommen hat – und sich nach eigenem Bekunden nun mit Problemen herumschlagen muss, die andere hinterlassen haben.