Merken

Ärger über den Leerstand

Eine Händlerin sagt, dass die Stadt zu wenig für den Teil der Hauptstraße Richtung Rathaus macht.

Teilen
Folgen
© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Die Situation lässt Daniela Henschel keine Ruhe. „Zum Lachen ist das hier schon lange nicht mehr“, schimpft sie – und meint damit den Leerstand in der Hauptstraße. Die ist und bleibt Riesas Sorgenkind – jedenfalls der Abschnitt zwischen Rathausplatz und Pausitzer Straße. Während rund um die Elbgalerie die Ladenlokale noch vergleichsweise gut gefüllt sind, reiht sich hier ein leeres Schaufenster ans nächste. Das bekommen auch die verbleibenden Händler zu spüren. „Wenn etwa verkaufsoffener Sonntag ist, dann ist es hier hinten tot“, sagt Henschel. Schon mehrfach hatte die Inhaberin von Mode und Antik öffentlich darauf hingewiesen, auch das Gespräch mit dem Oberbürgermeister gesucht. Passiert sei am Ende wenig. Stattdessen machten die nächsten Geschäfte dicht. Ab Ende Mai wird auch Blume 2000 geschlossen sein. „Uns hier hinten hilft keiner“, sagt Henschel.

Dabei hat es in den vergangenen Jahren durchaus Bemühungen gegeben, auch diesen Abschnitt für Händler und Kunden wieder attraktiver zu machen. „Aber was nützen Blumenkübel, wenn sie einfach unbepflanzt bleiben?“ Auch die braunen Blumenkästen, die eine Firma 2016 aufgestellt hatte, seien in der kalten Jahreszeit als Papierkorb oder Aschenbecher missbraucht worden. „Wenn solche Zierelemente nicht gestaltet werden, dann passiert so etwas.“

Die Händlerin ist nicht die Einzige, die sich eine attraktivere Hauptstraße wünschen würde. Ende 2016 hatte Gunnar Hoffmann vom Dresdner Lüning Ladenbau in der SZ erklärt, die Innenstadt müsse attraktiver werden. „Sauberkeit, Grün, Sitzgelegenheiten und intakte Fußwege. Sind die Menschen gern in der Stadt, gedeihen auch Handel und Gastronomie.“ Dass die Stadt hier reagiert habe, sei immerhin etwas, sagt der Riesaer. „In der Hinsicht kann man der Stadt keinen Vorwurf machen. Aber es fehlt ein Gesamtkonzept.“ Im Rathaus wird vor allem auf das kommende Jahr verwiesen. Für 2018 sei „fest geplant, mithilfe von 200 000 Euro Fördermitteln dem gesamten Boulevard mit neuer Möblierung ein ‚neueres Gesicht‘ zu geben“, betont Stadtsprecher Uwe Päsler. Konkret sollen dann zwischen Rathausplatz und Niederlagstraße neue Bänke, Papierkörbe und Fahrradständer aufgestellt werden. Was die Blumenkübel angeht, verweist Päsler auf einen Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2013. Aus Kostengründen hatte sich der Stadtrat damals entschieden, sie nur im Sommer zu bepflanzen. Das werde also im Mai passieren. „Die vor einigen Jahren eingeführte Praxis, dass die Händler selbst Verantwortung für den jeweiligen Kübel unmittelbar vor ihrem Laden übernommen hatten, ist leider wieder ‚eingeschlafen‘.“

Die fehlenden Pflanzen und Sitzgelegenheiten sind nur zwei der Punkte, die Daniela Henschel auf die Palme bringen. Sie fordert die Stadt auf, mehr zu tun. „Es geht ja bei den Parkplätzen weiter“, kritisiert sie. Es könne doch zum Beispiel nicht so schwer sein, Besucher ordentlich auf den Parkplatz Am Technikum hinzuweisen. Sie frage sich auch, ob die Stadtverwaltung nicht finanzielle Anreize setzen könne. Etwa, indem zumindest die Standgebühr reduziert werde oder wegfalle. Die beträgt aktuell laut Stadtverwaltung 2,50 Euro pro Quadratmeter und Monat. „Über einen Gebührenerlass ist bisher nicht nachgedacht worden“, sagt Uwe Päsler. „Wir halten das auch für schwer umsetzbar – dort würden sich manche Händler sicher benachteiligt fühlen.“

Zumindest die eine oder andere gute Nachricht gibt es aber, was den hinteren Bereich der Hauptstraße angeht. „Ich habe mich gefreut, dass Herr Donath jetzt das Haus am Durchgang gemacht hat“, sagt auch Daniela Henschel. Und auch das Gerücht, das Modehaus Haase ziehe sich aus Riesa zurück, weist dessen Inhaber zurück. In seinem Sinne sei das jedenfalls nicht. Am Ende hänge alles davon ab, was der neue Hauseigentümer plant.

Aufgeben will Daniela Henschel nicht – ein wenig ratlos ist sie aber trotzdem. „Ich möchte gerne, dass sich etwas ändert – weiß aber nicht wie oder was.“ Ein Ärztehaus im ehemaligen Schlecker, das wäre vielleicht etwas, überlegt sie. Dann könnten Patienten den Arztbesuch noch zum Einkaufen nutzen. Ob das Ladensterben im hinteren Teil des Boulevards aber überhaupt aufzuhalten ist? Handelsexperte Gunnar Hoffmann hat da Zweifel. Riesa habe nun einmal sehr viel Einzelhandelsfläche – und die sei am Boulevard auch noch auf eine lange Strecke verteilt. „Mancher Händler sollte vielleicht doch der Wahrheit ins Auge blicken – und einen Standortwechsel erwägen.“ Langfristig, davon ist er überzeugt, müsse man sich in der Stadt Gedanken über neue Nutzungskonzepte machen. Auch abseits des Handels.