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Ärger mit polnischen Blechbüchsen

Die Nachbarn haben keinen Dosenpfand. Aber viele der Behältnisse landen in Görlitz diesseits der Neiße und müssen hier entsorgt werden.

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© Nikolai Schmidt

Von Matthias Klaus

Marek ist zufrieden. Das Geschäft läuft. In seinem kleinen Laden in Zgorzelec kaufen nicht nur seine polnischen Landsleute ein, sondern auch Deutsche. „Inzwischen habe ich sogar schon Stammkunden aus Görlitz. Und Touristen kommen auch ab und zu vorbei“, erzählt Marek. Unter anderem verkauft er Büchsen –  Dosenbier, Cola, Limo, eben alles, was sich in eine Blechhülle füllen lässt. Dass ein Teil davon nach Deutschland exportiert wird, interessiert ihn nicht. „Warum auch? Getrunken wird überall“, sagt Marek.

Getrunken schon, aber wohin mit dem leeren Blechbehältnis? In Deutschland ist das seit 2003 gesetzlich geregelt. Wer Mehrweg kauft, zahlt Pfand. Bei den Nachbarn ist das nicht der Fall. Wohin also mit polnischen, tschechischen Dosen? Jedenfalls nicht in die Gelbe Tonne, teilt das Sächsische Umweltministerium auf SZ-Nachfrage mit. Der Grund: Der Verkäufer, die Unternehmen im Ausland haben ja auch keinen Anteil an den Kosten gezahlt, die für die Entsorgung anstehen.

Jiri macht sich darüber keine Gedanken. Er sitzt im Görlitzer Stadtpark und lässt sich ein polnisches Billigbier schmecken. Der Tscheche, den es der Liebe halber nach Polen verschlagen hat, sieht das Ganze pragmatisch. Erstens: In Polen ist Alkohol trinken in der Öffentlichkeit nicht erlaubt, deswegen wandert er über die Altstadtbrücke nach Görlitz. Zweitens: „Ihr habt doch genug Papierkörbe hier. Da werde ich die Dosen schon los“, sagt er. Tatsächlich müssen Bier- und andere ausländische Dosen von Rechts wegen in der Restmülltonne landen. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger habe dann vom Gesetz her selber auch eine Verwertungspflicht, so Katrin Gotschall, Sprecherin des Sächsischen Umweltministeriums. Es gibt sogar einen Fachausdruck dafür, wenn ausländische Büchsen und Ähnliches dennoch in der Gelben Tonne landen, oder wie sie Experten bezeichnen „stoffgleiche Nichtverpackungen“. Es handelt sich dann um einen „Fremdwurf“. „Ach ja?“, sagt Jiri und befördert seine leere Bierbüchse in den nächsten Papierkorb. Korrekt, da keine gelbe Tonne. In Sachsen scheint der Dosen-Tourismus nicht das große Problem zu sein. Das Umweltministerium jedenfalls wurde bisher nicht von den dualen Systemen angesprochen. Wahrscheinlich, vermutet man in Dresden, weil die Verpackungsmengen doch eher gering seien. Dies gelte auch gerade für Metalldosen, weil die ja leicht zurückgewonnen werden können.

Polnische Dosen in Polen kaufen, selbstverständlich. Aber gibt es die pfandfreien Getränkebehältnisse auch in Görlitz? Ja, wie ein SZ-Test ergab. 80 Cent kostet eine 0,33 Liter-Coca-Cola-Dose in einem Geschäft in der Innenstadt – pfandfrei. Das entsprechende Zeichen, der verschlungene Pfeil fehlt, die Beschriftung ist Polnisch. Also ein Fall für die Restmülltonne. Ein paar Meter weiter, in einem Supermarkt, die andere Variante: eine Dose Coke, selbe Menge, selbe Sorte für 84 Cent. Aber: Diese leere Dose bringt 25 Cent Pfand beim Zurückgeben. Von „Betrug“ will das Sächsische Umweltministerium im Zusammenhang mit dem Entsorgen nicht sprechen. „Es handelt sich eher um eine ,Leistungserschleichung’, für die der Vorteil für den Täter darin liegt, dass er vermeintlich Entsorgungskosten spart“, so Sprecherin Katrin Gottschall. Die Kosten müssten dann vom „Gesamtsystem“, also auch von allen Verbrauchern, gezahlt werden.

Marek sind solche Überlegungen egal, solange der Laden in Zgorzelec Gewinn macht. Gerade kauft ein Görlitzer einen Sixpack Bier. Marek schmunzelt: „Wo der die leeren Dosen lässt? Sein Problem.“