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Äpfel mit Äpfeln vergleichen

Bei einem Streuobstwiesenfest in Ulberndorf bestimmen Fachleute mitgebrachte Sorten. In einem Fall scheitern sie aber.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Ulberndorf. Der Tisch von Klaus Schwartz und Ralf Frenzel ist von Früh an umlagert. Auf dem Streuobstwiesenfest gestern auf dem Lindenhof in Dippoldiswalde-Ulberndorf bestimmen sie Äpfel. „Um die 2 000 verschiedene Apfelsorten gibt es in Deutschland. Vielleicht 500 kann ich aus dem Kopf bestimmen“, sagt Klaus Schwartz.

Gerade sitzt Hannelore Richter vor den beiden Fachleuten. Sie reicht ihnen mehrere Beutel mit Früchten. Einer enthält eine Überraschung. „Das ist ein Cox“, sagt Schwarz auf Anhieb. „Wirklich?“ Hannelore Richter kann es nicht glauben. „Das ist die Lieblingssorte von meinem Mann.“ Die Experten gucken noch einmal. Was soll es sonst sein? Schließlich greift Schwartz zum Messer, schneidet ihn auf und beißt rein. „Eindeutig Cox. Den schmecken sie aus tausend raus“, sagt er und verteilt die Apfelschnitze an die Umstehenden.

Hannelore Richter hat mit ihrem Mann Stefan im Glashütter Ortsteil Schlottwitz einen Garten geerbt. „Der Opa hat dort Bäume angepflanzt. Wir verwerten die Äpfel alle, backen Kuchen, machen Apfelmus oder schaffen sie zum Mosten. Jetzt wissen wir endlich, welche Sorten wir genau haben“, erzählt die Frau. „Wir müssen uns jetzt nur noch um jemanden kümmern, der uns hilft, die Bäume zu verschneiden.“

Hier kann ihr gleich am Stand nebenan Holger Weiner helfen. Der Gartenbauingenieur aus Freital bietet in Zusammenarbeit mit dem Landschaftspflegeverband Lehrgänge an, wie man seine Bäume pflegt und schneidet, damit sie gut tragen.

Währenddessen reißt der Betrieb bei den Apfelbestimmern nicht ab. Die Interessenten sind aus dem weiten Umkreis nach Dippoldiswalde gekommen. Vor allem das Erzgebirgsvorland ist günstig für den Obstanbau. Weiter oben sind dann abgehärtete Sorten gefragt. „So hatte eine Frau eine Oberlausitzer Muskatrenette dabei“, erzählt Klaus Schwartz. „Die ist für die Höhenlage geeignet.“ Johanna und Jochen Flath aus Pfaffroda bei Olbernhau pflegen auf ihrem Grundstück noch einen alten Apfelbaum. Seit gestern wissen sie, dass sie einen Rheinischen Bohnapfel besitzen.

Knifflige Fälle

Manchmal stehen die beiden Apfelkundler auf und gehen zum Nebentisch. Dort haben sie Dutzende verschiedener Apfelsorten ausgestellt. In schwierigen Fällen benötigen sie einen Vergleich. Sie gucken sich oben die Blüte an, den Stiel, die Farbe. Manche schneiden sie auf, um das Kerngehäuse zu sehen und zu kosten.

In der Regel benötigen sie zwei, drei Äpfel von einem Baum für eine sichere Bestimmung. Deswegen sind Cornelia Rapp und Marco Eisoldt zum zweiten Mal nach Ulberndorf gekommen. „Letztes Jahr hatte ich nur einen Apfel dabei“, sagt die Frau. Sie haben in Großsedlitz vor einigen Jahren einen Garten mit alten Bäumen gepachtet. Früher war das mal ein Schulgarten. Sechs Bäume wachsen dort. Drei haben getragen. Einen bestimmen Schwartz und Frenzel als Goldrenette Freiherr von Berlepsch. „Der ist säuerlich und hält sich bis Anfang Februar“, erklärt Schwarz. „Oh schön, wir haben einen Winterapfel“, freut sich Cornelia Rapp. Ein Grüner Fürstenapfel und ein Carola wachsen weiter in ihrem Garten.

Klaus Schwartz ist Gartenbauingenieur und hatte eine Baumschule in Löbau. Die haben jetzt seine Kinder übernommen und er kümmert sich darum, sein Fachwissen über Äpfel zu erweitern. Ralf Frenzel ist über den Obstgarten seiner Eltern zur Apfelkunde als Hobby gekommen. Im Hauptberuf arbeitet der Dresdner als Chemiker.

In einem Fall scheitern sie. Ein Mann zeigte einen Apfel von einem 160 Jahre alten Baum. Den kannten die beiden Pomologen, wie sich die Apfelkundler nennen, nicht. „Aber bei einem so alten Baum bekommt man Hochachtung“, sagt Schwartz.