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Äpfel am laufenden Band

Im Gegensatz zum Vorjahr gibt es in der Oberlausitz massenhaft Äpfel und Birnen. In Mostereien und Sammelstellen herrscht Hochbetrieb.

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© Rafael Sampedro

Von Constanze Junghanss und Frank-Uwe Michel

Die Container reichen nicht aus. Proppenvoll bis über den Rand stapeln sich die Äpfel. „Mehr passt hier oben nicht mehr rein“, ruft der Mann, der die Maschine bedient. Das Förderband wird abgeschaltet. Container sollen nachbestellt werden, damit die Obstannahmestelle in Reichenbach dem enormen Ansturm Herr wird. Es ist Montagnachmittag und der Autokorso vor der Annahmestelle reißt nicht ab. So sieht es an allen Keltereien und Obstannahmestellen in der Region jetzt aus. Säcke- und kistenweise bringen die Leute Äpfel und Birnen. In Reichenbach nimmt die Kelterei Kekila aus Lauba Obst für die Verarbeitung zu Saft an. Manche Hobbygärtner haben Anhänger dabei: 100, 200 oder mehr Kilo Äpfel in einem Schwung haben sie geerntet oder aufgelesen. Jetzt müssen sich die Bringer in Geduld üben. Es kommt zu längeren Wartezeiten.

Gähnende Leere: Nach der schlechten Apfelsaison 2017 hatte die Kelterei Kitsche kaum noch Apfelsaft vorrätig. Nun kann wieder neu produziert werden.
Gähnende Leere: Nach der schlechten Apfelsaison 2017 hatte die Kelterei Kitsche kaum noch Apfelsaft vorrätig. Nun kann wieder neu produziert werden. © Archivfoto: Bernd Gärtner

Im Vorjahr herrschte absolute Apfelflaute. Die Apfelernte 2017 entwickelte sich katastrophal. Der Großteil der Bäume war leer und so kamen in der letzten Saison gerade mal 70 Tonnen Äpfel bei der Kelterei Kitsche in Lauba (Kekila) zusammen. Üblich sind bei der Mosterei pro Erntejahr um die 1000 Tonnen. Die Zahlen nennt Inhaberin Kathleen Kitsche. Doch nun kann die Unternehmerin ziemlich aufatmen: 2018 sind Äpfel keine Mangelware. Im Gegenteil: „Wir haben in der ersten Apfelannahme-Woche so viele Früchte geliefert bekommen, wie komplett im ganzen letzten Jahr“, sagt Frau Kitsche. Die gleiche Erfahrung hat die zu Kekila gehörende Obstannahmestelle in Reichenbach gemacht. Innerhalb weniger Tage seien so viele Birnen und Äpfel gebracht worden wie in der ganzen Saison 2017, heißt es von den Mitarbeitern. Endlich gibt es auch wieder frischen Apfelsaft. Der Stapel mit den Kisten der gefüllten Pfandflaschen schwindet allerdings in rasantem Tempo. Kekila wird schnell nachliefern. Kathleen Kitsche hat in dieser Saison 14 Tage eher als sonst den „Startschuss“ für die Obstannahme gegeben. Einerseits, weil das Lager leer gewesen ist. „Wir konnten die letzten Tage keinen Apfelsaft mehr produzieren“, bestätigt sie. Trotz Zukauf in der Vorsaison war das so. Es gab einfach keine Äpfel mehr.

Äpfel und Birnen früher reif

Andererseits habe das hochsommerliche Wetter der vergangenen Wochen dafür gesorgt, dass Äpfel und Birnen früher reif geworden sind. „Wir schauen optimistisch auf den Start für die neue Produktion“, sagt Kathleen Kitsche. In neun Sammelstellen können die Leute ihr Obst abgeben und zusätzlich auch in Lauba bei der Kelterei. Da wachsen die Apfelberge rasant. Große, mittelgroße und kleine Früchte – wobei die Größe der Früchte ebenfalls mit dem Wetter zu tun habe. Dort, wo es nicht regnete, blieben die Vitaminspender klein. Die Masse allerdings wird die Lager auffüllen und bei der Kelterei startete bereits die Saftproduktion mit den frischen Früchten. „Wir haben auch schon Birnensaft gemacht“, sagt Kathleen Kitsche und erklärt, dass im Vorjahr die Erntemengen bei Birnen so gering ausfielen, dass Saft daraus nur als Mischsaft hergestellt werden konnte. Aktuell tragen die Bäume in Gärten, an Straßenrändern und Obstbaumalleen überreichlich. Die Dürre hat offensichtlich keinen großen Schaden beim Obst angerichtet. Im Gegenteil: Bei manchen Früchten sei die Ausbeute enorm, so die Laubaerin. Aroniabeeren beispielsweise bringen immer mehr Gärtner zu den Sammelstellen. Aus der blauschwarzen Aronia macht Kekila ebenfalls ein Getränk. Auch die Kelterei Linke in Neugersdorf zum Beispiel verarbeitet die Früchte, baut sie sogar selbst an. In den Sammelstellen der Keltereien werden die Getränke verkauft. Wer heimisches Obst liefert, spart Geld. Jedes Kilogramm wird notiert und in Flaschen umgerechnet. Für die gibt es beim Kauf dann Rabatt.

86 Flaschen Saft für 100 Kilo Äpfel

So funktioniert das bei allen Mostereien und ist bei Kleingärtnern und Grundstücksbesitzern beliebt. In der Region um Löbau gibt es mit der Kelterei Mitschke in Ebersbach und der Kelterei Linke in Neugersdorf zwei weitere traditionsreiche Familienbetriebe. Sie nehmen fast das ganze zweite Halbjahr Obst und Beeren an und verarbeiten sie weiter. Für 100 Kilogramm Äpfel gibt es bei Linkes zum Beispiel 86 Flaschen Saft. Die Neugersdorfer Kelterei nimmt bereits seit Anfang August Äpfel und Birnen als Lohnobst entgegen. Bei Mitschkes in Ebersbach kann man Äpfel und Birnen seit voriger Woche abgeben und noch bis Mitte November. Für Aronia- und Holunderbeeren war diese Woche Schluss.