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Älteste Schuhverkäuferin von Görlitz geht in Rente

Erika Przybyl schließt ihr Geschäft am Demianiplatz. Schuhe gibt es hier aber weiterhin.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Alexander Buchmann

Sie ist wahrscheinlich die älteste Schuhverkäuferin in Görlitz und eine Institution in der Stadt – Erika Przybyl. Nach 52 Berufsjahren, davon 28 als Inhaberin von Schuhhaus Erika am Demianiplatz, ist Ende Juli Schluss. Das Schuhgeschäft, das bereits seit 1885 existiert, lebt aber weiter. Denn für einen Nachfolger hat die 68-Jährige gesorgt. Das muss Erika Przybyl in diesen Tagen vielen Kunden erklären. Seit sich herumgesprochen hat, dass sie ihr Geschäft schließt, kommen die Leute und sagen solche Sätze wie „Es wäre schade, wenn es wegkäme.“ Sogar die eine oder andere Träne sei schon geflossen. Schließlich hat die gelernte Fachverkäuferin für Schuhe und Lederwaren einige ihrer Kunden ihr Leben lang begleitet, ist zum Teil mit ihnen alt geworden und hat manche schon als Kinder gekannt und jetzt als Erwachsene.

Nur kurze Ferien in 28 Jahren

Diese Beziehung zu ihren Kunden ist wohl auch einer der Gründe, warum Erika Przybyl ihr Geschäft vermissen wird, wie sie selbst zugibt. „Ich werde aber nicht bedauern, dass ich aufgehört habe“, ist sich Erika Przybyl sicher. Denn nach all den Jahren, in denen sie viel gearbeitet und Zeit in das Geschäft gesteckt hat, will sie aufhören, solang sie noch fit genug ist, um ihre neue Freizeit gemeinsam mit ihrem Mann zu genießen. Der ist mittlerweile nämlich ebenfalls Rentner. „Erst einmal zur Ruhe kommen“ nennt Erika Przybyl deshalb auch als erste Aufgabe für ihren Ruhestand. „Wir können uns dann auch einfach mal ins Auto setzen und losfahren“, freut sich die 68-Jährige. Während der 28 Jahre Selbstständigkeit seien lange Ferien nämlich nicht möglich gewesen. Die sollen nun aber nachgeholt werden. Die Entscheidung aufzuhören, sei im Dezember vorigen Jahres gefallen. Eigentlich habe sie so lange weiterarbeiten wollen, bis das Kaufhaus wieder eröffnet, erzählt Erika Przybyl. „Das wollte ich noch erleben.“ Weil ein Eröffnungstermin aber immer noch nicht in Sicht sei, kommt es dazu nun nicht.

Froh ist Erika Przybyl, der man die Leidenschaft für ihren Beruf beim Gespräch über ihr Geschäft jederzeit anmerkt, indes, dass es einen Nachfolger gibt. Das sei unter anderem deshalb schwierig gewesen, weil die historische Einrichtung des Ladens unter Denkmalschutz stehe und deshalb übernommen werden muss.

Mithilfe eines Maklers hat es dann aber dennoch mit einem Käufer geklappt. So zieht Stylo Schuhe, deren Filiale sich noch im Marktkauf-Gelände befindet, in das Geschäft, das Erika Przybyl nach der Sanierung des Gebäudes 1993 gekauft hat.

Ein Schritt, den die geschäftstüchtige Görlitzerin ebenso wie den Gang in die Selbstständigkeit vier Jahre zuvor nach eigener Aussage nie bereut hat. Bis 1989 führte sie das HO-Kaufhaus „Bummi“ in Görlitz, aber auf die Arbeit dort hatte sie irgendwann keine Lust mehr. Sie habe gewusst, was sie leistet und dass sie sich damit auch selbstständig machen könne, sagt Erika Przybyl rückblickend. „Ich hätte es schon eher machen sollen, wenn das gegangen wäre.“ Also hat sie den Laden übernommen, der sich damals noch ein Geschäft weiter befand, wo heute Eis verkauft wird. Mit der Sanierung erfolgte dann der Umzug mitsamt der Einrichtung.

Ladeneinrichtung ist besonders

Mit Lust und Liebe für den Beruf und einem Sortiment, das sich weder am unteren noch am oberen Ende der Preisskala bewegt, habe man mit der Konkurrenz mithalten können, erklärt Erika Przybyl ihr Erfolgsrezept. Die individuelle Beratung und nicht zuletzt die schöne alte Ladeneinrichtung seien von den Kunden sehr geschätzt worden. „Heute sehen ja alle Läden gleich aus“, sagt Erika Przybyl. Auch wenn sich die Konkurrenz aus dem Internet in den vergangenen Jahren bemerkbar gemacht, habe, hätten ihr die Stammkunden doch immer die Treue gehalten. So wird bis zum Ende des Monats wohl noch so mancher von ihnen dem Geschäft einen letzten Besuch abstatten und sich verabschieden.