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Achtung Zug!

Im Schlesischen Museum in Görlitz gibt es eine Eisenbahn-Schau – ein Ausstellungstipp für September.

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© Schlesisches Museum

Von Irmela Hennig

Görlitz. Da hab ich was für Sie.“ Dieser Satz war es, der dem Schlesischen Museum zu Görlitz zu zehn besonderen Leihgaben verholfen hat. Es handelt sich um Modelle von Waggons, die einst im Nieskyer Waggonbaubetrieb entstanden sind. Lehrlinge hatten sie im Maßstab 1 : 10 gebaut – und zwar voll funktionsfähig. Transportflach-, Bananen-, Kohlestaubwagen oder solche mit Tanks für „Plaste aus Schkopau“.

Der Mann, der dem Museum diese Stücke vermittelt hat, war einst selbst im Nieskyer Waggonbau tätig. Eigentlich wollte er dem Görlitzer Haus etwas zu einem ganz anderen Thema anbieten. Dann entdeckte er auf Martin Küglers Schreibtisch den Flyer für eine geplante Eisenbahnausstellung und so nahmen die Dinge ihren Lauf. Auf solche Zufälle ist auch ein Museum ab und zu angewiesen. Denn was die schlesische Eisenbahngeschichte angeht, „da haben wir selbst nichts im Bestand“, sagt Martin Kügler. Er ist zuständig für die Ausstellung „Achtung Zug! 175 Jahre Eisenbahn in Schlesien“, die am 2. September im Schlesischen Museum eröffnet wird.

Anlässe dafür gibt es gleich mehrere. 1842 fuhr die erste Eisenbahn in Schlesien von Breslau nach Ohlau, 1847 wurde Görlitz an das sich rasch entwickelnde Eisenbahnnetz zwischen Schlesien und Sachsen angeschlossen und 1917 der heutige große Bahnhof eingeweiht. So erklärt es das Museum selbst. Aber es steckt auch einfach ganz viel Faszination und Spannung in diesem Thema und den vielen technischen Details, die zu sehen sind. Da gibt es zum Beispiel mehrere Signallampen. Oder als Höhepunkt ein 18 Meter langes Architekturmodell der Görlitzer Bahnhofsanlage im Zustand von 1917. Das wird erstmals präsentiert. Gebaut und dafür ausgiebig recherchiert hat der Görlitzer Ingo Wobst. Der zeigt im Museum so etwas wie sein Lebenswerk – schon um die 20 000 Arbeitsstunden stecken in Gebäuden, Gleisen und der langen Brücke. Es ist dabei ein Projekt, das noch längst nicht vollendet ist. Bis zu 60 Meter lang soll es einmal werden. Ingo Wobst hofft, dass es gelingt, im Laufe der einjährigen Ausstellungszeit einen dauerhaften Platz für die Anlage im Maßstab 1:87 zu finden. Sie könne ein Anziehungspunkt für Touristen werden. „Und künftige Generationen könnten damit Geld verdienen“, glaubt Ingo Wobst.

Auch die Geschichte hat Platz in der Schau. Die verdeutlicht, wie wichtig die Schienenanbindung für die Wirtschaft der Region gewesen ist. „Die oberschlesische Schwerindustrie hatte Rohstoffe sowie riesige Stahlerzeugnisse, brauchte dafür aber ein vernünftiges Transportmittel, um nicht abgehängt zu werden“, weiß Martin Kügler. Vor allem Kaufleute und Unternehmer drängten auf die Zuganbindung. Die entwickelte sich mit einer Strecke von Berlin über Breslau, Oberschlesien, Böhmen, Österreich und den Balkan zu einer echt europäischen Sache. Zudem entstanden viele ganz kleine Linien, die beispielsweise zu den schlesischen Textilstandorten führten und heute längst stillgelegt sind.

Nicht zuletzt profitierte der Tourismus von der Bahn. „Damals fuhr man entweder an die See oder ins Gebirge und Gebirge meinte Riesengebirge“, erläutert Martin Kügler. Heute allerdings hat das Auto den Zug auch in diese Richtung verdrängt.

Die Ausstellung „Achtung Zug“ im Schlesischen Museum zu Görlitz ist bis 2. September 2018 zu sehen. Im Rahmen der Schau finden Sonderveranstaltungen und Exkursionen statt.