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Fahrverbot für Parkplatzrempler

Die Fahrerin will den Unfall beim Ausparken nicht bemerkt haben. Ein Gutachter widerlegt ihre Behauptung.

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© Symbolbild/dpa

Von Paul Jonas Grunze

Meißen. Es war nur eine kleine Unaufmerksamkeit, hatte aber große Folgen. An einem Sommertag vorigen Jahres stößt eine 64-jährige Radebeulerin auf dem Parkplatz eines Radebeuler Einkaufsmarktes beim Ausparken gegen ein weiteres Fahrzeug. Doch einen Zusammenstoß will die Frau nicht bemerkt haben. Sie begründet es mit der laufenden Klimaanlage und dem eingeschalteten Radio in ihrem Auto. Deshalb fuhr sie einfach weiter.

Der 57-jährige Geschädigte, an dessen Dienstwagen bei dem Zusammenstoß ein Schaden von rund 3000 Euro entstand, hat den Vorfall jedoch ganz anders in Erinnerung: „Sie fuhr volle Kanne gegen meinen Wagen“, sagt er. Doch sie bleibt nach dem Zusammenprall nicht stehen, sondern fährt wieder in die Parklücke. Daraufhin fährt sie erneut heraus. Trotz mehrmaligen Versuchen des Geschädigten und weiterer Passanten, die den Unfall beobachten, die Fahrerin des Saab auf den Zusammenstoß aufmerksam zu machen, fährt sie davon.

Der Geschädigte möchte den Vorfall aufklären und folgt ihr mit seinem Dienstwagen. Auf der Meißner Straße holt er die Verursacherin des Unfalls schließlich ein. Nachdem er sie überholt und sich vor sie gesetzt hat, zwingt er sie zum Anhalten. Als er sie zur Rede stellt, ist die Unfallverursacherin überrascht von dem Unfall, der sich zugetragen haben soll. Sie meint, nichts von dem Zusammenstoß bemerkt zu haben. Sie hätte, nach eigenen Aussagen vor Ort, unter Zeitdruck gestanden.

Wegen Unfallflucht erhält die Radebeulerin einen Strafbefehl. Doch den akzeptiert sie nicht, legt Einspruch ein, nimmt sich einen Anwalt. Nun wird die Sache vor dem Amtsgericht verhandelt. Dabei bleibt die Angeklagte hartnäckig bei ihrer Einstellung: Sie habe nichts bemerkt. Um das aufzuklären, hat das Gericht einen technischen Sachverständigen eingeschaltet. Und dieser widerlegt die Aussagen der Unfallverursacherin, nichts von einem Zusammenstoß bemerkt zu haben, eindrucksvoll. Trotz eines Seitenaufprallschutzes am Dienstwagen des Geschädigten hätte es sichtbare Schäden gegeben, die auf einen starken Zusammenstoß hinweisen würden. Es müsse einen wahrnehmbaren Ruck gegeben haben. Zudem, so der Sachverständige, muss der Aufprall durch einen lauten Knall akustisch bemerkt worden sein. Auch der Geschädigte ist der Meinung, die Unfallverursacherin müsse den Zusammenstoß bemerkt haben. Als er ihr von dem Vorfall berichtete, hätte er kein Radio im Inneren ihres Autos wahrgenommen. Die Vermutung des Geschädigten, die Unfallverursacherin sei mit hoher Geschwindigkeit aus der Parklücke herausgefahren, widerlegt der Gutachter allerdings auch. Da sich nur wenige Streifschäden gezeigt hätten, müsse sie mit einer niedrigen Geschwindigkeit gefahren sein.

Das Gutachten lässt leinen Zweifel daran, dass die Angeklagte den Unfall bemerkt haben muss. Richter Michael Falk legt ihr nahe, den Einspruch zurückzunehmen. Denn besser wird es bei einer Verurteilung nicht, dann kommen aber auch noch Urteilsgebühr, Verfahrenskosten und Gutachter kosten hinzu. Nach einer kurzen Beratung mit ihrem Anwalt nimmt die ihren Einspruch gegen den Strafbefehl. So bleibt es bei 1 050 Euro Geldstrafe und acht Monaten Fahrverbot. Ihren Anwalt muss sie selbst bezahlen, auch ihre Haftpflichtversicherung wird sie hochstufen.