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Abschied von der Frankenmühle

Eine Traditionsgaststätte an der B 170 schließt die Türen. Drei Jahre haben die Eigentümer nach einer Lösung gesucht.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Dippoldiswalde. In der Gaststätte Frankenmühle im Ortsteil Ulberndorf wurde Dippoldiswalder Stadtgeschichte geschrieben. Die Freien Wähler haben sich 2013 hier getroffen und Jens Peter als Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt nominiert, ebenso die CDU, die Kerstin Körner als Gegenkandidatin aufgestellt hat. Und der frühere Oberbürgermeister Ralf Kerndt, der ja in Ulberndorf wohnte, hat 2004 eine wackelige Reservierung gemacht. „Wenn ich Bürgermeister werde, komme ich mit großer Familie, sonst nur mit kleiner“, erzählt Karin Strehle, die scheidende Wirtin der Frankenmühle. „Am Ende waren dann 70 Leute zu Gast.“

Die Postkarte erinnert noch an die Zeit, als die Frankenmühle Ferienheim war.
Die Postkarte erinnert noch an die Zeit, als die Frankenmühle Ferienheim war. © Repro: Kamprath
Wie sehr sich die Frankenmühle im Lauf der Jahre verändert hat, zeigt dieses Foto, das über hundert Jahre alt ist.
Wie sehr sich die Frankenmühle im Lauf der Jahre verändert hat, zeigt dieses Foto, das über hundert Jahre alt ist. © Repro: Kamprath
Eine Traditionsveranstaltung, die seit Jahren in der Frankenmühle stattgefunden hat, war die Zollstockbörse.
Eine Traditionsveranstaltung, die seit Jahren in der Frankenmühle stattgefunden hat, war die Zollstockbörse. © Egbert Kamprath

Heute sind das Geschichten aus der Vergangenheit, die beendet ist. Die Frankenmühle ist geschlossen und wird auch nicht als öffentliche Gaststätte wieder eröffnet. Der neue Eigentümer, ein Dresdner, will hier wohnen und Jugendliche aufnehmen, die mit Erreichen der Volljährigkeit ein Kinderheim verlassen müssen, aber noch Betreuung brauchen. Dafür ist die Frankenmühle mit ihren Gästezimmern gut geeignet.

Keine Kredite für Gaststättenpläne

Karin Strehle hätte es gerne gesehen, wenn die Tradition der Gaststätte weitergeführt würde. Ihr Mann ist vor einigen Jahren gestorben, und sie kann es aus Altersgründen nicht mehr machen. Tochter Annett und Schwiegersohn Jörg Börner, die immer mal in der Gaststätte mitgeholfen haben, wählten einen anderen Lebensweg. „Mir fehlt die Ausbildung. Ich habe im Bergbau gelernt und arbeite jetzt in Bayern. Dort haben wir auch ein Haus gebaut“, sagt Jörg Börner. Und die Kaufinteressenten, die gastronomische Pläne hatten, bekamen dafür keine Kredite, berichtet Strehle. Drei Jahre hat sie über einen Makler einen neuen Eigentümer für die Frankenmühle gesucht.

Viele Ulberndorfer bedauern das Ende der Gaststätte Frankenmühle, wie auch Ortsvorsteher Sten Scannewin (Freie Wähler). „Die Frankenmühle war der Mittelpunkt des Dorflebens“, sagt er. Es gibt zwar den Lindenhof, der auch Räume für Vereinstreffen oder Familienfeiern anbietet. Aber dort müssen sich die Mieter selbst um Essen und Trinken kümmern, in der Frankenmühle war die Versorgung gewährleistet.

Auch Matthias Proplesch, der Ortschronist von Ulberndorf, findet es schade. „Früher gab es mal drei Gaststätten im Ort“, berichtet er. Ein Erbgericht bestand und bis 1959 eine Bahnhofsrestauration. Nur die Frankenmühle war davon noch übrig, und auch sie hatte eine wechselvolle Geschichte. Der Name geht zurück auf den Müller Karl Gottlieb Franke, der 1876 das Schankrecht bekommen hat.

Der letzte Privatbesitzer zu DDR-Zeiten war Rudi Espig. Er hat die Gaststätte 1979 an eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) aus Rade in Sachsen-Anhalt verkauft, berichtet Karin Strehle. Die LPG hat umgebaut, den Saal neu errichtet und das Haus mit Pächtern bewirtschaftet. So kam Familie Strehle 1988 als Pächter nach Ulberndorf.

Dank gilt den Stammgästen

Karin Strehle stammt aus Höckendorf, wo ihre Eltern die Konsum-Gaststätte führten, aus der das heutige Hotel zum Erbgericht geworden ist. „In der Gastronomie bin ich groß geworden“, sagt sie. „Ich habe das immer gern gemacht, bin aber auch meinen Stammgästen dankbar, dass sie mir all die Jahre treu waren.“

Treue Gäste kamen aus Ulberndorf, teilweise aber auch von weither. Die Frankenmühle liegt ja direkt an der Bundesstraße B 170. Diese war bis 2006 eine Europastraße, über die der internationale Fernverkehr rollte. So war die Frankenmühle bis zum Bau der Autobahn A 17 auch eine Raststätte für Fernfahrer, Urlauber und andere Reisende. „Wir waren hier international“, erinnert sich die Wirtin. Schweden, die auf der Rückreise aus Ungarn waren, haben hier übernachtet, und Amerikaner, die in Prag auf dem Flughafen gelandet sind. An einen Viehtransportfahrer aus Hamburg, der immer mal hier anhielt, erinnert sie sich noch heute. „Die B 170 hatte zwei Seiten. Sie brachte uns viele Kunden, aber manches Mal standen sie auch im Stau, wenn sie zu uns kommen wollten“, beschreibt Karin Strehle die Situation, mit der sie all die Jahre zurechtgekommen ist.

Gelegentlich kehrten auch prominente Gäste hier ein. Der frühere Ministerpräsident Sachsens, Georg Milbradt (CDU), kam einmal zu einer Versammlung. „Da haben die Sicherheitsleute vorher alles durchleuchtet, unter jeden Stuhl und Tisch geschaut“, erinnert sich die Wirtin. Ganz anders war der Besuch vom damaligen Landwirtschaftsminister Steffen Flath (CDU). „Der saß mitten unter den Bauern und hat mit denen geredet wie einer von ihnen“, erzählt Karin Strehle.