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Abschied von der Fleischerei

Nach 41 Jahren in Pulsnitz gehen Thomschkes in den Ruhestand. Fleisch und Wurst soll es in den Räumen wieder geben.

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© René Plaul

Von Reiner Hanke

Pulsnitz. Ein Gläschen Sekt gab es am Mittwoch in der Pulsnitzer Fleischerei Thomschke. Und die Kundschaft ließ sich Hackepeterbrötchen schmecken. Die gab es zum Abschied, am letzten Öffnungstag. Denn nach 41 Jahren hören Thomschkes aus Altersgründen auf und wollen jetzt den Ruhestand genießen.

So manche Spezialität werden die Stammkunden freilich vermissen. Manche sind ihnen über die gesamten 41 Jahre treu geblieben. Damals in den Anfangsjahren war das Geschäft zwar schon in denselben Räumen, aber als Filiale der Konsumfleischerei. Dort fingen Elvira und Matthias Thomschke aus Lichtenberg am 1. Februar 1977 an, um das Geschäft kurz nach der Wende 1991 als Privatfleischerei zu übernehmen und 1994 umzubauen. Eigentlich hätten sie den Laden ja auch schon vor der politischen Wende in der DDR so geführt. Und auch zu DDR-Zeiten sei die Theke nie leer gewesen: „Wir hatten immer genug Fleisch und Wurst.“ Wenn es wirklich mal knapp war, hätten Thomschkes in der damaligen Pulsnitzer Konsumfleischerei, im Großbetrieb an der Dresdner Straße, nachordern können. Der ist inzwischen abgerissen. Außerdem versorgte die Verkaufsstelle noch mehrere Betriebsküchen mit Rohware. Die Übernahme 1991 haben Thomschkes nie bereut, auch wenn der Arbeitstag meist lang war. Bei Matthias Thomschke oft von morgens früh um 5 Uhr bis in die Abendstunden. Die Chefin stand von um 7 Uhr bis zum Landenschluss hinter der Theke. Und am Wochenende lief der Partyservice: „Das geht nur, wenn man die Arbeit wirklich gern macht, wenn sie Spaß macht. Und wir waren es ja auch nicht anders gewohnt“, sagt Elvira Thomschke. Und das sei die ganzen Jahre so gewesen.

Letzter privater Fleischer

In der Wendezeit sei natürlich auch viel Ware aus dem Westen in den Osten geschwemmt. Thomschkes vertrauten aber auf die eigene Produktion. „Wir haben immer alles selber hergestellt.“ Das ist dann auch am besten angekommen und hat sich bis heute durchgesetzt: die Würstchen und Knacker, der Hackepeter. Und der Fleischsalat, der wie zu DDR-Zeiten schmeckte, davon schwärmen die Kunden und der Laden war immer gut besucht – bis zum letzten Tag. Viele Kunden seien jetzt auch vorbeigekommen, um den Fleischersleuten und den vier Mitarbeitern zu sagen: „Der Abschied fällt schwer, und es hat immer geschmeckt.“ Elvira Thomschke: „Das hat uns und die Mitarbeiter natürlich sehr gefreut. Aber es heißt trotzdem Abschied nehmen. So haben sich auch gestern manche Pulsnitzer noch einmal mit ihrer Lieblingswurst eingedeckt, wie ein älterer Herr, der mit einem Paket Bratwürste den Laden an der Robert-Koch-Straße verlässt: „Die Bratwurst ist einfach super“, ruft er. Er werde sie vermissen. Und die Fleischerei. „Die war unser Leben, und es ist schon ein trauriges Gefühl. Andererseits freuen wir uns, die Freizeit, den Garten zu genießen, mehr Zeit mit den Enkeln zu verbringen.“ Und vielleicht zu verreisen? Erst einmal werde jetzt das Geschäft aufgelöst und ausgeräumt. Dann könne man darüber reden.

Damit schließt der letzte private Fleischer in der Stadt. Aber das Geschäft wird nicht leer bleiben. Denn die Dürrröhrsdorfer Fleisch- und Wurstwaren GmbH will hier eine neue Filiale eröffnen.