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Abschied von Boxberg

Die letzten 44 Flüchtlinge haben das Heim nahe dem Kraftwerk am Donnerstag verlassen. Sie ziehen in eine neue Unterkunft um.

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© André Schulze

Von Katja Schlenker

Am Ende gibt es doch Tränen. Eine junge Frau weint bitterlich, bevor sie in den Bus steigt. Der bringt sie nach Löbau. Die junge Frau kommt aus Serbien und hat das vergangene Jahr im Asylbewerberheim in Boxberg verbracht. Weil die Zahl der neu im Landkreis Görlitz ankommenden Flüchtlinge in den vergangenen Monaten stark gesunken ist, wird die Unterkunft in Boxberg nun geschlossen. Offiziell zum 31. Juli. Doch bereits am Donnerstagmorgen sind die letzten 44 Menschen umgezogen. An der Dietrich-Bonhoeffer-Straße in Löbau wird dieser Tage eine neue Gemeinschaftsunterkunft in Betrieb genommen. Sie bietet Platz für 150 Menschen.

Für die Neu-Boxberger ist der Umzug spannend, bedeutet aber auch Ungewissheit. Was ihn in Löbau erwartet, weiß er nicht, erzählt Dalel Abrahim. Er wird hinfahren und sehen, was kommt. Gemeinsam mit Ahmed Alsabari ist er aus dem Irak geflohen. In Boxberg hat es ihm gut gefallen, erzählt er in gebrochenem Deutsch. Dabei macht er eine ausschweifende Geste mit den Armen, zeigt auf die Umgebung. Oft sind die Flüchtlinge in Boxberg unterwegs gewesen, etwa am Bärwalder See.

Wie sie ihre Zeit im Süden des Landkreises Görlitz verbringen werden, muss sich zeigen. Ungefähr 15 000 Einwohner sind doch einige mehr als die rund tausend Menschen, die in Boxberg leben. In Löbau ist das Heim am Rande der Stadt gelegen. Etwa anderthalb Millionen Euro hat der Landkreis investiert, um das Gebäude zu sanieren. Die Kosten übernimmt der Freistaat Sachsen. Der lange Leerstand des einstigen Wohnheimes hat dem Gebäude doch zugesetzt.

Platz für 150 Menschen hat auch das Heim in Boxberg geboten. Als Dezernent Werner Genau vor rund sechs Wochen im Gemeinderat verkündet, dass das Heim zum 31. Juli geschlossen wird, leben dort noch etwa einhundert Personen. Die meisten kommen aus Syrien und dem Irak, einige aus Ländern wie Pakistan, Serbien, Bosnien oder der Türkei. Zwei Busse hat das Landratsamt in Görlitz geschickt, um die Flüchtlinge abzuholen. Bevor sie einsteigen, gehen einige noch einmal zu den Betreuern von der ABUB Asyl-Betreuungs- und Beherbergungsgesellschaft mbH, um sich zu verabschieden. Zahlreiche Fotos werden zum Abschied gemacht, sich die Hände gegeben oder sich umarmt.

Auch Kornelia Pfeiffer ist an diesem Donnerstagmorgen zum Heim nahe dem Kraftwerk gekommen. Sie hat die junge Frau und deren Familie begleitet, die bitterlich weint, als sie in den Bus steigt. Seit Dezember 2015 unterstützt die Boxbergerin ehrenamtlich die Flüchtlinge im Heim. „Die Hilfe war notwendig“, sagt sie. „Das hat man gespürt.“ Getroffen hat sie die junge Frau zum ersten Mal beim Einkaufen. Das ist in der Weihnachtszeit gewesen. Die serbische Familie mit vier Kindern hat sie daraufhin intensiv betreut. Dabei wird es bleiben, sagt Kornelia Pfeiffer entschlossen. Auch wenn die Familie fortan in Löbau wohnt. Eine schöne Zeit hat sie mit den Flüchtlingen in Boxberg erlebt. Hochehrlich und unglaublich gastfreundlich seien die Menschen, sobald man deren Vertrauen gewonnen habe, sagt sie. Das hat die frühere Krankenschwester und Sozialarbeiterin sehr geprägt. Oft ist sie bei den Familien eingeladen gewesen oder hat sich mit den Asylbewerbern in ihrem Haus getroffen.

Vorerst wird das ehemalige Berufsschulzentrum in Boxberg noch als Heim in Reserve bleiben. Falls die Zahl der ankommenden Flüchtlinge wieder ansteigt. In etwa einem halben Jahr soll endgültig darüber entschieden werden, was mit dem Gebäude passiert. „Im Verlauf der Unterbringung haben sich viele Menschen um eine sinnvolle Alltagsgestaltung von Kindern und Familien gekümmert“, erklärt Boxbergs Ortsvorsteher Claudius Urban. „Den vielen Helfern gilt daher auch ein besonderer Dank.“ Sie hätten mit ihrem Engagement wesentlich zu einer weitestgehend geräuschlosen Integration beigetragen.