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Abschied vom Kinderland

Statt des freien Trägers betreibt die Stadt Tharandt ab 2019 die Kitas.

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© Andreas Weihs

Von Verena Schulenburg

Tharandt. Gerade einmal sieben Jahre ist es her, als die Stadt Tharandt ihre fünf Kindereinrichtungen einem freien Träger überließ. Nun will die Rathausspitze der Forststadt die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Kinderland 2000 beenden. Zum Januar 2019 sollen die drei Kitas in Tharandt, Kurort Hartha und Fördergersdorf sowie die beiden Horte der Grundschulen in Tharandt und Kurort Hartha wieder von der Kommune geführt werden. So möchte es die Stadtverwaltung.

Lange kochte die Gerüchteküche um den Trägerwechsel, bis Erzieher und Eltern offiziell von der Stadt über die anstehenden Pläne informiert wurden. Die wichtigste Botschaft der Stadtspitze war dabei, dass der Betrieb kontinuierlich weitergehe. „Für Ihre Kinder und Sie als Eltern wird sich grundsätzlich nichts ändern. Die abgeschlossenen Betreuungsverträge bestehen fort“, hieß es in einem Aushang in einer der Einrichtungen, unterzeichnet vom Tharandter Bürgermeister und der Geschäftsführung von Kinderland 2000.

Warum die Stadt die Kindereinrichtungen wieder in Eigenregie betreiben will, wurde dabei jedoch nicht kommuniziert. „Das ist auch besser so“, sagt Selina Köhler. Es müsse nicht alles nach außen getragen werden. Die junge Mutter hat derzeit selbst drei Kinder in der Tharandter Kita und im Hort der örtlichen Grundschule und engagiert sich im Elternrat. Die Ankündigung zum Trägerwechsel hätten die Eltern bisher zur Kenntnis genommen. Größeren Unmut oder Unsicherheiten im Hinblick auf das Bevorstehende seien nicht an sie herangetragen worden. Im Gegenteil: Viele Eltern hätte es zunächst beruhigt, dass laut Stadt alles so bleiben soll, wie es ist. Deshalb habe man den Wechsel bisher kaum thematisiert. Dies werde nun erst allmählich geschehen. „Ich denke, konkrete Fragen werden erst noch aufkommen“, sagt Köhler. Bis zum Trägerwechsel ist schließlich weit mehr als ein halbes Jahr Zeit.

Etwas Unsicherheit bei den Betroffenen vermag hingegen Annett Borgwardt zu verspüren. „Ich glaube, viele wissen nicht genau, was der Wechsel ab dem kommenden Jahr bedeutet“, sagt die Elternsprecherin der Kita „Bienenhaus“ im Kurort Hartha. Immerhin: Auf Ebene der Verantwortlichen ist das Thema präsent. Freier Träger und Stadtverwaltung wären bereits dabei, organisatorische Einzelheiten miteinander abzustimmen, heißt es aus dem Rathaus.

Nicht nur für die Kinder in den betreffenden Einrichtungen solle sich dabei nichts ändern, sondern auch für das Personal. Zumindest in alle bestehenden Arbeitsverhältnisse der Erzieher trete die Stadt Tharandt ein. Es gelten zudem weiterhin die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst. Ebenso werde die betriebliche Altersrente fortgezahlt. Finanziell mache die Trägerübernahme für die Stadt keinen Unterschied, da Tharandt auch während der freien Trägerschaft alle Personal- und Sachkosten zahle, erklärt Laura Winterlich, die für die Kitas bei der Stadt zuständig ist.

Alles bleibt beim Alten. Nur warum dann ein Wechsel? „Die Stadt möchte die Betreuung der Kinder wie auch die Arbeitsbedingungen unmittelbarer gestalten“, sagt Winterlich auf SZ-Nachfrage. Dabei sei der Stadtverwaltung ein enger Kontakt zu den Erziehern und Eltern wichtig. „Gerade die Möglichkeiten zur Mitwirkung der Eltern sollen verbessert und deren Engagement auch aktiv genutzt werden“, so die Argumentation. Die einstige Hoffnung der Tharandter Stadtverwaltung, mit der Übergabe der Kindereinrichtungen 2011 an einen freien Träger bessere fachliche Kompetenz in die Häuser zu bringen, erfüllte sich anscheinend nicht.

Größere Probleme oder gar schlechte Stimmung kann Selina Köhler in Tharandt zwar derzeit nicht feststellen. Die Mutter und viele andere Eltern erinnern sich aber auch noch an eine andere Zeit. Vor etwa vier Jahren brodelte es gewaltig im Tharandter Kinderhaus. Eltern beschwerten sich damals über mangelnde Absprachen und andere Unwegsamkeiten. Für Aufregung sorgte vor allem der Umstand, dass zwei Kinder aus einem defekten Zaun der Kita entwischen konnten. Die Eltern machten ihrem Frust damals Luft – mit Erfolg. Aussprachen zwischen den Betroffenen vor Ort, der Stadt und der Leitung von Kinderland 2000 sorgten dafür, dass das angeknackste Vertrauensverhältnis wieder zunehmend gekittet werden konnte.

Rundum zufriedenstellend scheint die Situation dennoch bis heute nicht gewesen zu sein. Das Unternehmen Kinderland 2000, das zwischenzeitlich sein Büro aus dem thüringischen Gera ins nordrhein-westfälische Olsberg verlegte, war bisher zu keiner Stellungnahme gegenüber der SZ zu haben.