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Abschied vom Fernsehen fürs kleine Geld

Die WGP wechselt den Anbieter fürs Kabelfernsehen. Die Pirnaer Mieter fürchten nun Zwangsverträge und höhere Kosten.

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© dpa

Von Thomas Möckel

Pirna. Wenn Roland Feller in seiner Wohnung am August-Röckel-Ring in Graupa bislang fernsah, konnte er aus mindestens 25 TV-Programmen wählen, sechs Euro bezahlte er im Monat dafür. Die „Antennengemeinschaft Dresden-Söbrigen“ speiste das Fernsehsignal ins System. Doch nun besteht aus Fellers Sicht die Gefahr, dass die Mattscheibe ab Anfang kommenden Jahres dunkel bleibt. Es gibt jede Menge Ärger um die Antennengemeinschaft, alte Verträge und einen neuen Anbieter. Es ist eine ziemlich vertrackte Geschichte.

1999 waren Fellers in ihre Wohnung gezogen, in jene Neubauten am Röckel-Ring, die noch zu DDR-Zeiten begonnen und nach der Wende vollendet wurden. Eigentümer der Wohnungen ist die städtische Wohnungsgesellschaft Pirna (WGP). Um fernzusehen, schloss Roland Feller kurz nach dem Einzug einen Vertrag mit der Antennengemeinschaft Dresden-Söbrigen. Andere Mieter, beispielsweise die Nachbarsfamilien Oswald und Bretschner/Scholz taten es ihm gleich oder besaßen schon seit Längerem einen solchen Kontrakt. Und weil das Geschäft mit den Fernsehprogrammen ausweitete, beauftragte die Antennengemeinschaft die Firma „Pilz & Fischer Elektronik“, die Antennenanlage zu betreiben. „Es war bisher ein sehr stabiles und modernes Netz, wir hatten kaum Ausfälle. Und wenn etwas war, kam innerhalb kurzer Zeit Hilfe“, sagt Feller. Doch im Sommer 2017 kam das Ungemach.

Laut Feller hing eines Tages ein Schreiben von Pilz & Fischer im Haus. Darin war zu lesen, dass die WGP den Vertrag beenden will und einen Anbieterwechsel plane. Die Mieter, sagt Feller, seien angesichts dieser Mitteilung zunächst ratlos gewesen. Ein wenig mehr Licht ins Dunkel brachten anschließend Schreiben der WGP. Darin teilte der Vermieter mit, dass ab 1. Januar 2018 Vodafone ein Kabelnetz für Fernsehen und Internetempfang in den Häusern am Röckel-Ring betreibt. Der Vertrag mit der Antennengemeinschaft laufe Ende dieses Jahres aus. Zudem bat die WGP die Mieter, ihrerseits die Verträge mit der Antennengemeinschaft zu kündigen, weil sie ab 2018 ohnehin kein Fernsehangebot mehr bereitstellen könne.

Die Mieter aufgehetzt?



Soweit schien einiges klarer, bis die Antennenanlagen-Betreiber den Mieter rieten, ihre bisherigen Verträge nicht voreilig zu beenden. Pilz & Fischer würden weiterhin liefern, und ein Vertrag mit der WGP existiere gar nicht. Das Wirrwarr war perfekt, und Feller fragt sich nun: Warum wechselt die WGP überhaupt den Anbieter? Was wird aus Verträgen der Mieter mit der Antennengemeinschaft? Müssen die Mieter jetzt Zwangsverträge mit Vodafone abschließen? Und wird wegen des neuen Angebots gar die Miete teurer?

Die WGP versucht nun, das Vertragsdickicht zu lichten. Laut WGP-Geschäftsführer Jürgen Scheible habe das Unternehmen bereits vor fünf Jahren einen Vertrag mit Vodafone geschlossen, künftig ein Kabelnetz am Röckel-Ring zu betreiben. Das Besondere an Graupa aber war: Angesichts der langfristig angestrebten Umstellung unterschrieb die WGP zudem im Frühjahr 2013 einen Vertrag mit der Antennengemeinschaft. Darin war verankert, dass die WGP der Gemeinschaft es noch eine Weile gestatte, in ihren Häusern in Graupa ein Netz zu betreiben. Die Gestattung läuft allerdings Ende 2017 bedingungslos aus. Dieser Umstand, sagt Scheible, sei der Antennengemeinschaft seit Vertragsschluss bewusst gewesen. Innerhalb der festgeschriebenen fünf Jahre sollte die Antennengemeinschaft die Verträge mit den einzelnen Mieter beenden – was offensichtlich nicht geschehen ist. „Und jetzt“, sagt Scheible, „versucht der Betreiber offenbar, die Mieter gegen uns aufzuhetzen.“

Der Wechsel generell zu Vodafone rührt daher, dass die WGP mit dem Anbieter vor fünf Jahren ein Gesamtpaket schnürte, an allen WGP-Häusern ein öffentliches Kabelnetz zu betreiben. Dafür handelte die WGP einen Rabatt aus: Als Grundversorgung liefert Vodafone rund 30 Fernsehprogramme für 9,99 Euro monatlich – dieser Preis ist für 15 Jahre festgeschrieben.

Und weil Vodafone grundsätzlich nur als Netzbetreiber auftritt und in dieser Funktion der Kontrolle durch die Bundesnetzagentur unterworfen ist, ist Vodafone laut Scheible dazu verpflichtet, auch Inhalte anderer Anbieter zulassen. Das bedeutet: Kein Mieter muss einen Vertrag mit Vodafone schließen, sondern kann seinen Fernseh- und Internetanbieter frei wählen – allerdings nicht mehr die Antennengemeinschaft Dresden-Söbrigen.

Nach Auskunft der WGP hat Vodafone inzwischen sämtliche Technik installiert, damit der Wechsel zum 1. Januar klappt. Die Mieter dürfen die ersten 14 Tage im Januar das neue Fernsehangebot von Vodafone zunächst kostenlos testen – und sich dann entscheiden, ob sie es weiterbeziehen, einen anderen Anbieter oder zunächst gar keinen Anbieter wählen wollen. Kosten für die Mieter fallen aufgrund der Umstellung nicht an. „Und wegen des Anbieterwechsels“, sagt Scheible, „erhöhen wir auch nicht die Miete.“