Von Kerstin Fiedler
Weißenberg. Diesen Platz vor dem Seiteneingang des Weißenberger Rathauses liebte er vor allem dann, wenn die Blaurebe am Rathaus in voller Blütenpracht stand. Dieses Foto entstand im Juli vor zwei Jahren. Da war die Glyzinie schon verblüht. 2013 war Michael Staude 30 Jahren im Bürgermeisteramt. Am längsten von allen Bürgermeistern im Kreis Bautzen. Nun aber hört er auf. Heute ist sein letzter Arbeitstag.
Die Amtszeit von Michael Staude in Bildern
Als sich der Weißenberger jetzt in der SZ-Redaktion verabschiedete, bezeichnete er sich als kommunalpolitisches Auslaufmodell. Die Vorfreude auf die nächste Zeit war zu spüren. Denn er wusste schon ganz genau, wie der erste freie Montag zu Hause bei Familie Staude aussieht. „Da werde ich wie immer früh den Frühstückstisch decken. Und wenn meine Frau dann kommt, werde ich ein Lied singen“, sagte er scherzhaft. Wer in der DDR groß geworden ist, kennt dieses Lied mit dem Titel „Wenn Mutti früh zur Arbeit geht, dann bleibe ich zu Haus...“ Eine Umstellung wird es dennoch sein, das gibt er zu.
In einem verräucherten Büro begann es
In der letzten von Michael Staude geleiteten Ratssitzung gab es dann noch einmal einen kleinen Rückblick auf die Amtszeiten des Bürgermeisters. Christine Müller, stellvertretende Bürgermeisterin und seit 1979 im Stadtrat, der zu DDR-Zeiten Volksvertretung hieß, erinnerte an die Anfänge, als Staude 1979 Stadtverordneter für die Jugend in Weißenberg war. Der gelernte Tischler musste, um studieren zu können, einer Partei angehören. Und da Weißenberg damals eine Hochburg für die Liberaldemokratische Partei LDPD war, nahm er diese Partei, um die SED zu umgehen. Als Mitglied der LDPD wurde er am 1. Juli 1983 Bürgermeister. Sein Vorgänger Arno Näther hat ihn davon überzeugt. In einem verräucherten Büro begann seine Arbeit. „Irgendwie rauchte damals noch jeder“, erinnerte sich Staude in einem Gespräch mit der SZ zum 30. Dienstjubiläum. Aber er hat eben auch viele gute Erinnerungen an die Arbeit zu DDR-Zeiten. Über 30 Volksvertreter konnten damals die Entwicklung in der Stadt mitgestalten. Auch die Leitung der verschiedenen Kommissionen wie Handel und Versorgung, Wohnungswirtschaft, Bauwesen, Volksbildung und Kultur, musste Staude leiten. „Jung und dynamisch, wie du warst, hast du das alles geschafft“, sagt Christine Müller.
Die schwerste Zeit war die Pleite
Als es 1990 darum ging, nach der Wende den ersten Bürgermeister aus den Reihen des Stadtrates selbst zu wählen, wurde Michael Staude im Amt bestätigt. Für vier Jahre – und später bei drei weiteren Wahlen für jeweils sieben Jahre. Selbst 2008, als es mit Norman Retzlaff einen ernst zu nehmenden Gegenkandidaten bei der Bürgermeisterwahl gab, wollten ihn die meisten Einwohner weiter im Amt haben. So hat er die Stadt Weißenberg weiterentwickelt. Es kamen frühere selbstständige Dörfer zur Stadt dazu, zunächst Maltitz und Gröditz, später Wurschen, Nostitz, Drehsa. Das Zusammenwachsen aller mittlerweile 15 Ortsteile war nicht leicht. Und so konnten nicht alle seine Ideen so umgesetzt werden, wie er sich das vorgestellt hat. Die schwierigste Zeit war bestimmt die, in der die Stadt im Prinzip Pleite war. Doch mithilfe des Stadtrates wurde auch diese schwere Situation gemeistert. Und es konnten Dinge entstehen und saniert werden, die es in einer anderen Situation vielleicht nicht in den Weißenberger Haushalt geschafft hätten: Das neue Feuerwehrgerätehaus entstand. Die Sanierung der Grundschule und der Kitas der Stadt konnten realisiert werden. Hier gab es auch Zugeständnisse der Mitarbeiter, um den Haushalt zu sanieren: Sie verzichtete über Jahre auf einen Teil ihres Gehaltes.
Dass auch die seit 25 Jahren bestehende Städtepartnerschaft mit Deckenpfronn durch seine Person geprägt war, zeigte der Besuch des früheren und des jetzigen Bürgermeisters von Deckenpfronn zur letzten Stadtratssitzung in Weißenberg. Und noch etwas war anders bei dieser Ratssitzung. Staudes Ehefrau, die sich all die Jahre im Hintergrund und ihrem Mann den Rücken frei hielt, war mit dabei.