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Abschiebung abgesagt, Tunesier geht trotzdem

Ein 33-Jähriger sollte in seine Heimat zurückgeschickt werden. Dem kommt er zuvor – und bekommt eine neue Chance.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Reichstädt. Die Reichstädterin Grit Bormann hat keine akute Sorge mehr vor einer Abschiebung ihres tunesischen Ehemannes. Allerdings muss er binnen zwei Wochen der Ausländerbehörde ein Flugticket vorlegen, mit dem er freiwillig Deutschland verlässt. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs, das die beiden am Montag in der Ausländerbehörde des Landratsamtes geführt hatten, wie Frau Bormann berichtet. Das Landratsamt gibt über das laufende Verfahren keine Information.

Von Tunesien aus will ihr Mann einen neuen Anlauf für eine Einreise nach Deutschland unternehmen, dann allerdings auf einer anderen Rechtsgrundlage. Bei seiner ersten Einreise nach Deutschland hatte er Asyl beantragt. Da standen seine Chancen auf Anerkennung aber schlecht, und nach der Heirat mit Grit Bormann im vergangenen Frühjahr hat er seinen Asylantrag auch zurückgezogen.

Nun geht es nach der Eheschließung um die Familienzusammenführung. Dazu ist aber Voraussetzung, dass er regulär nach Deutschland einreist, das heißt mit einem Visum. Das will er nun bei der deutschen Botschaft in Tunesien beantragen. Damit könnte er eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen und sicher in Deutschland leben. Dieser Weg ist nach einer freiwilligen Ausreise leichter als nach einer Abschiebung.

Dieser ist der Mann vor zwei Wochen knapp entgangen. Die zentrale Ausländerbehörde in Chemnitz hatte diese veranlasst und ein Kommando mit sechs Polizisten nach Schmiedeberg ins Asylbewerberheim geschickt, wo er offiziell gemeldet ist. Als sie ihn dort nicht antrafen, haben sie ihn in Reichstädt in der Wohnung seiner Frau gesucht, ihn aber auch nicht gefunden. Danach war er erst einmal abgetaucht.

Nach dem Gespräch vom Montag und der Aussage, dass keine direkten Zwangsmaßnahmen von der Ausländerbehörde mehr drohen, lebt die Familie wieder etwas ruhiger. „Er geht jetzt auch wieder arbeiten, nachdem wir mit dem Chef gesprochen haben“, sagt Grit Bormann. Seit Anfang des Jahres hatte er ein Praktikum gemacht, das zum 1. März in ein normales bezahltes Arbeitsverhältnis übergehen sollte. Damit hätte er sich als Lagerarbeiter seinen Lebensunterhalt selbst verdient.

Aber nach dem Versuch, ihn abzuschieben, hat er sich nicht mehr getraut, auf Arbeit zu gehen. Die Angst war, dass die Polizei ihn in der Firma abholt und zwangsweise nach Tunesien zurückschickt. Es gab ja auch ähnliche Bedenken vor dem Gespräch am Montag. Dem gingen Absprachen mit Beteiligung einer Anwältin voraus, dass er nicht aus den Behördenräumen heraus verhaftet und abgeschoben wird. Grit Bormann berichtet auch, dass sie von Nachbarn aus dem Dorf in dieser Sache viel Zuspruch bekommt.