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Absage an Hohnsteins Klettergarten

Die Stadt wollte das Projekt am Burgfelsen voranbringen. Sie scheiterte bei Behörden – und jetzt auch vor Gericht.

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© Mike Jäger

Von Anja Weber

Hohnstein. Der Klettergarten unterhalb der Burg Hohnstein sollte der Tourismusmagnet in der Stadt werden und die Wirtschaft kräftig ankurbeln. Schon seit dem Jahr 2004 arbeitet Hohnstein an dem Projekt. Bereits zuvor hatte Hohnsteins Bergsport-Altmeister Bernd Arnold die Idee, und seit über 20 Jahren kämpft er vergeblich für den Klettergarten. Immer wieder gab es Widerstände und Absagen. Geplant war, den Burgfelsen auf einer Breite von etwa 200 Metern in elf Sektoren einzuteilen. In diesen sollte jeweils eine unterschiedliche Anzahl von Kletterouten diverser Schwierigkeitsgrade eingerichtet werden. Insgesamt waren etwa 112 Routen mit den Schwierigkeitsstufen eins bis zehn geplant. Zwei zusätzliche Klettersteige sollten im Garten der Burg Hohnstein enden und damit auch den Ausstieg über die Burg ermöglichen. Gleichzeitig sollte in Hohnstein ein Klettermuseum entstehen. Auch das wollte Bernd Arnold mit einrichten, aber eben nur in Verbindung mit dem Klettergarten.

Die Hohnsteiner Kletterlegende Bernd Arnold.
Die Hohnsteiner Kletterlegende Bernd Arnold. © Steffen Unger

Der Burgfelsen liegt zwar im Landschaftsschutzgebiet, nicht aber in der Kernzone des Nationalparks Sächsische Schweiz. Voraussetzung für den Klettergarten wäre aber dennoch eine naturschutzrechtliche Befreiung gewesen. Die hatte die Stadt Hohnstein am 26. Mai 2010 bei der Landesdirektion beantragt. Die Stadt wollte eine Ausnahmegenehmigung für den Felsklettergraten erreichen und somit ein weiteres Angebot im Elbsandsteingebirge schaffen, als Ergänzung zu den bestehenden Klettermöglichkeiten auf die Gipfel in der Sächsischen Schweiz. Darüber hinaus hatte die Stadt Hohnstein ein geologisches Gutachten vorgelegt, wonach der besagte Felsen fest und witterungsresistent ist. Außerdem habe man aus Sicht der Stadt nachgewiesen, dass sich keine schützenswerten Tierarten dort befinden.

Doch alle Begründung nutzte nichts. Die Landesdirektion, die letztlich zuständige Behörde, lehnte am 7. Juli 2011 eine solche Ausnahmegenehmigung ab. Die Landesdirektion verwies auf Verordnungen des Umweltministeriums in der Nationalparkregion. Demnach ist das Klettern an nicht zugelassenen Gipfeln verboten, wie auch am Burgfelsen. Begründet wurde die Ablehnung damals auch damit, dass kein öffentliches Interesse für die Einrichtung eines Klettergartens erkennbar sei. In unmittelbarer Umgebung gebe es immerhin 84 zugelassene Klettergipfel sowie 1 300 Kletterwege aller Schwierigkeitsgrade.

Drei Fragen an Bergsportler Bernd Arnold

Haben Sie es kommen sehen, dass die Stadt die Klage gegen die Landesdirektion verliert?

Nein, denn für den Klettergarten sprechen so viele gute Argumente, sodass ich persönlich nicht an eine Ablehnung glaubte. Aber offenbar gibt es gegen das Projekt „Klettergarten Hohnstein“ eine starke Lobby, denn Einrichtungen in ähnlicher Form im Liebethaler Grund, am Schlossberg in Bad Schandau und an der Ochelbaude in Porschdorf wurden ja offenbar genehmigt.

Denken Sie, dass die Stadt gegen das Gerichtsurteil in Berufung gehen sollte?

Sicherlich kann die Stadt in Berufung gehen. Nach den vielen Jahren des vergeblichen Versuchens und der Tatsache, dass beim Urteil mit zweierlei Maß gemessen wurde, wäre es aber auch verständlich, wenn sich die Stadtverwaltung neue touristische Ziele sucht.

Ist die Zeit für so ein Projekt noch nicht reif?

Eigentlich ist die Zeit für dieses Projekt als klettersportliches Angebot vor allem für Touristen überreif, denn weltweit, auch in einigen Gegenden Deutschlands, ist das Sportklettern ein wichtiger Faktor für den Langzeittourismus mit Aufenthaltsdauern von mehr als drei Tagen. Es ist schade, dass man diese Tatsache bei den Entscheidungsträgern nicht erkennen will.

Gespräch: Anja Weber

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Die Landesdirektion kommt zu der Erkenntnis, dass der Burgfelsen ein besonders schützenswertes Biotop sei. Die Stadt Hohnstein legte am 8. August 2011 Widerspruch ein. Es folgten wieder seitenweise Begründungen. Die Landesdirektion ließ sich darauf nicht ein und lehnte dann am 16. Juli 2013 den Widerspruch ab.

Landesdirektion sieht Natur unterhalb der Burg gefährdet

Mit dem Betrieb eines Klettergartens sei der Naturgenuss der Allgemeinheit und der Ruhecharakter der Landschaft gestört, argumentiert die Landesdirektion. Die Stadt Hohnstein wollte sich wiederum nicht damit abfinden und verklagte daraufhin die übergeordnete Behörde. Die Richter am Verwaltungsgericht Dresden haben die Klage der Stadt Hohnstein nun abgewiesen. Die Stadt Hohnstein könnte in Berufung gehen. „Mangels Erfolgsaussichten haben wir aber entschieden, keinen Antrag auf Berufung zu stellen“, sagt Hohnsteins Bürgermeister Daniel Brade (SPD).

Damit sei Projekt Klettergarten und Museum erst einmal abgehakt. „Schade um die viele Arbeit und Kraft, die wir seit 2010 darin investiert haben. Der Naturschutz hat gewonnen und sich über die örtlichen Interessen einer weiteren touristischen Belebung durchgesetzt“, sagt er. Er kritisiert, dass sich Naturschutzbehörden wie Nationalparkverwaltung und Landesdirektion nicht im Geringsten bewegen und mit der Stadt nach Lösungen suchen, die mit dem Naturschutzgesetz und der Nationalparkverordnung vereinbar wären. Es werde nur rigoros abgelehnt. Die Stadt und die Ortsteile liegen zumeist im Landschaftsschutzgebiet beziehungsweise im Nationalpark und hätten somit kaum Entwicklungsmöglichkeiten.

Hoteliers fordern neue touristische Angebote

Das klare Nein der Landesdirektion sorgt in Hohnstein für Ärger, vor allem unter denen, die vom Tourismus leben. Die hatten sich viel von dem Klettergarten versprochen. Steffen Kunzelmann, der Leiter der Burg Hohnstein, hält es für äußerst bedauerlich, dass das Projekt nun gescheitert ist. „Gerade für die Region Sächsische Schweiz wäre dies ein weiterer Baustein für neue Touristengruppen und Aktiv-Urlauber“, sagt er. Leider habe dieses Projekt keine politische Lobby und sei aus diesem Grund gescheitert.

Hendrik Lehmann, der Chef des Hotels „Zur Aussicht“, betrachtet das ganze ebenfalls mit Sorge, vor allem auch hinsichtlich sich ändernder Ansprüche der Touristen. „Was den Gästen vor 25 Jahren genügte, um einen Hotelaufenthalt zu buchen, ist längst überholt. Die Anforderungen der Gäste haben sich verändert und stetig erhöht. Wir sind gezwungen, nach Möglichkeiten zu suchen, um weitere interessante Angebote zu finden“, sagt Lehmann. Er erinnert daran, dass man in den nächsten Jahren zusätzliche Konkurrenz durch neu geschaffene Urlaubsregionen bekomme, wie die neu angelegten und gestalteten Seenlandschaften. „Deswegen ist es für unsere Heimat sehr wichtig, mit einer sinnvollen Zusammenarbeit ansässiger Entscheidungsträger auch Entscheidungen zu treffen, die eine weitere wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen und nicht zuletzt das Leben im ländlichen Raum verbessern“, sagt der Hotelier.