Merken

Abriss in Hülle und Fülle

Die alte Apotheke in Tharandt soll zugunsten einer Kita weichen. Da im Haus Schadstoffe stecken, ist Vorsicht geboten.

Teilen
Folgen
© Oberthür

Von Verena Schulenburg

Tharandt. Diesen Sommer wird sie nicht überstehen. Das ist sicher. Für die alten Gemäuer an der Roßmäßlerstraße 42 in Tharandt ist die Zeit abgelaufen. Voraussichtlich Mitte April soll damit begonnen werden, das Haus abzureißen, das in der Forststadt auch „alte Apotheke“ genannt wird.

Eigentlich ist der DDR-Bau nichts Besonderes, der Abriss dafür umso komplizierter. Denn das Gebäude birgt Asbest und andere Schadstoffe, die einst verbaut wurden. Das Interesse der Anlieger, die im unmittelbaren Umfeld des Gebäudes wohnen, arbeiten oder eine der angrenzenden Garagen nutzten, ist deswegen groß. Daher lud die Tharandter Rathausspitze am Donnerstagabend zu einer Info-Runde, um zu erklären, wie der Abriss möglichst ohne Belastung für Umliegende vonstattengehen soll. Dazu holte sich die Verwaltung das Planungsbüro dazu. Die Firma Arcadis, ein großes international tätiges Unternehmen mit einer Niederlassung in Freiberg, hat sich auf den Umgang mit Bauschadstoffen spezialisiert.

Die Firma wird den Abriss begleiten und dafür sorgen, dass die alte Apotheke fällt, ohne dass dabei Schadstoffe freiwerden. Nicht nur Asbest wurde damals als robustes und temperaturbeständiges Baumaterial verwendet. Im Inneren des Altbaus schlummern auch die Stoffe Sakalit und Piatherm, die als schädlich eingestuft werden. Letzteres konnte beispielsweise in der Deckendämmung festgestellt werden. Für einen DDR-Typenbau, wie er damals errichtet wurde, sind diese Funde keineswegs ungewöhnlich, wie der zuständige Projektleiter der Firma Arcadis erklärte. Dennoch gelten die Bestandteile als schädlich, wenn das Haus abgerissen wird.

Damit diese Stoffe nicht freigesetzt werden, kann nicht einfach der Bagger anrollen und abreißen. Stattdessen muss der komplette Flachbau mit einer Folie umhüllt werden. Außerdem wird ein Unterdruck erzeugt, der die Folie an die Fassade presst und so dafür sorgt, dass keine Staubpartikel nach außen wirbeln.

Zunächst soll der Zweigeschosser entkernt werden. Das heißt, alle Schadstoffe werden aus dem Gebäude herausgeholt und sofort zur Entsorgung weggefahren. Während dieser Arbeiten werden zusätzlich Stahlstützen im Gebäude errichtet, bis zum Schluss nur noch die Außenhülle des Gebäudes steht. Erst wenn die Baustelle schadstofffrei ist, wird das Haus für den Bagger freigegeben. Bis Ende Juni soll die alte Apotheke vom Erdboden verschwunden sein, so der aktuelle Zeitplan. Vor allem während der abschließenden Baggerarbeiten könnte es zu Einschränkungen im Gelände ringsum kommen. Von einer Sperrung der Roßmäßlerstraße wird zwar abgesehen. Aber um die Baustelle wird das Parken während der Bauarbeiten höchstwahrscheinlich nicht möglich sein, wie die Stadtspitze erklärte.

Mit dem markanten DDR-Gebäude sollen auch die benachbarten Garagen abgerissen werden, damit später auf dem insgesamt 1 300 Quadratmeter großen Grundstück Platz für eine neue Kindertagesstätte in Tharandts Mitte wird. Insgesamt 54 Kinder im Krippen- und Kindergartenalter sowie im Hort sollen dann auf dem Gelände an der Roßmäßlerstraße ein neues Haus zum Spielen und Toben erhalten, zusätzlich zu den bestehenden Kindereinrichtungen in der Forststadt. „Wir brauchen die neuen Betreuungsplätze dringend“, erklärte Ulrich Pietzarka, stellvertretender Bürgermeister von Tharandt. Wann die neue Kita bezogen werden kann, ist indes noch unklar. „Wenn wir Glück haben und alles gut läuft, können wir vielleicht im Herbst den ersten Grundstein legen“, sagte der Tharandter Bauamtschef Torsten Kropp.

Vage ist auch, ob diejenigen Tharandter, die zuletzt noch die Garagen nutzten, auch künftig wieder einen Parkplatz in der Nähe erhalten. „Das müssen wir erst noch sehen“, sagte Kropp. Die Planungen für die Kita stecken sprichwörtlich noch in den Kinderschuhen.

Genauso die Überlegung, später mit dem Neubau der Kindereinrichtung das zulässige Tempo auf der Roßmäßlerstraße auf 30 Stundenkilometer zu reduzieren. Bisher seien das nur Ideen.