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900 Kilo Kerzenreste

Das war knapp: Eine ältere Dame hat dem Stadtbahnverein geholfen, die magische Grenze zu knacken.

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© Lutz Weidler

Von Christoph Scharf

Riesa. Nur noch daumenlange Tafelkerzen. Halb ausgebrannte Teelichter. Von zu viel Hitze verformte Schmuckkerzen. Säcke- und kistenweise stapeln sich am Freitag in der Elbgalerie die Wachsreste, die in den vergangenen Wochen in Riesa gesammelt wurden. Sie füllen vier große Rollwagen, mit denen sonst im Rossmann die Regale befüllt werden. Aber wie viel ist bei der traditionellen Aktion des Stadtbahnvereins zusammengekommen? Stadtmaskottchen Gunter Spies ist skeptisch: „Mehr als 500 Kilo wären gut.“ Vereinschef Kurt Hähnichen wagt eine optimistische Prognose: „Es wird mindestens ein Kilo mehr sein als im Vorjahr!“

2016 hatte die Aktion exakt 883,8 Kilogramm Kerzenreste zusammengebracht. Nun wuchten Spies, Hähnichen und weitere Helfer einen Karton nach dem anderen auf die Waage. Die elektronische Anzeige, per Spiralkabel mit der Wiegeeinrichtung verbunden, hält Hausherr Andree Schittko in den Händen. „8,2 Kilo, 14 Kilo, 22,4 Kilo.“ Der Centermanager verkündet nacheinander das Gewicht jedes einzelnen Kartons, jedes Beutels, jeder Kiste.

Nadine Gerber hört ganz genau hin: Die Direktorin des Riesaer Mercure-Hotels notiert einen Wert nach dem anderen per Kuli auf einem Zettel. Minute um Minute geht das so, während Mitarbeiter der Lebenshilfe Mansfelder Land die gewogenen Kerzenreste in mehrere Rollwagen wuchten. Vor sechs Jahren war die Sammelaktion mit der Diakonie Riesa-Großenhain gestartet. Weil der Verband selbst mit Wachs ausgelastet war, vermittelte er die Lebenshilfe aus der Lutherstadt Eisleben. Dort werden aus dem Riesaer Wachs nun zahlreiche Kaminanzünder und neue Kerzen in den verschiedensten Farben und Formen gestaltet, sagt Werkstattleiter Andreas Hein.

550 Behinderte arbeiten dort. Die aus dem Wachs angefertigten Feueranzünder gibt es nun auch in der Riesa-Information zu kaufen. Mit dem Erlös wird der Betrieb der Stadtbahn unterstützt.

Doch wie viel Kilogramm kommen dieses Mal zusammen? Nach gut zehn Minuten ist die Wiegeaktion in der Elbgalerie beendet: 898,6 Kilogramm stehen auf dem Zettel – damit ist das ohnehin schon sehr gute Vorjahresergebnis um 15 Kilo übertroffen. Volker Hähnichen hat mit seiner Prognose ziemlich gut gelegen, während Gunter Spies ungläubig den Kopf schüttelt. Damit wurde dieses Jahr das zweitbeste Ergebnis überhaupt erreicht – lediglich 2014 waren mehr als 900 Kilo zusammengekommen. Nun haben Stadtbahnverein, Diakonie, Werbegemeinschaft und Gewerbeverein HGV schon die siebte Auflage absolviert und damit insgesamt mehr als 4,8 Tonnen Kerzenstummel eingesammelt. Jetzt plant man schon eine neue Aktion: Mit einer Kerzenkünstlerin will man eine außergewöhnliche Riesakerze gestalten, die man später in der Tourist-Information kaufen kann. „Wir haben einen enormen Zuspruch der Riesaer Bürger erfahren“, freut sich Kurt Hähnichen. Kurz vor knapp war noch eine ganze Reihe Leute in die Elbgalerie gekommen, um Kerzenreste abzuliefern.

Und nun – fünf Minuten nach Abschluss der Wiegeaktion – kommt noch eine ältere Dame mit Mantel, Mütze und gebeugtem Rücken an den Stand. Sie packt aus dem Körbchen am Rollator eine Tüte mit sorgfältig abgeschabten Wachskrümeln. Auch der landet noch auf der Waage – und bringt ganze 1,4 Kilogramm. Damit knackt die diesjährige Sammelaktion doch noch exakt die 900-Kilo-Marke.