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4M heißt jetzt 9to9

Nach der Insolvenz des Vorbesitzers will die neue Chefin vieles ändern – nicht nur den Namen.

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© Sebastian Schultz

Von Britta Veltzke

Riesa. Der alte Schriftzug hängt noch an der Schaufensterscheibe: 4M. Dass Ferienzeit ist, merkt auch Chefin Stefanie Lungkwitz gerade. Eigentlich sollte das neue Logo schon am Fenster kleben, aber die Firma macht derzeit offenbar Urlaub und hat die 32-Jährige vertröstet. Dabei heißt das Lokal auf der Hauptstraße inzwischen ganz anders: nämlich 9to9, also von neun bis neun. Bezogen auf die Öffnungszeiten stimmt das – zumindest so ungefähr: „Im Sommer öffnen wir montags bis sonntags von 8.30 Uhr morgens bis abends der letzte Gast geht. Außerdem haben wir noch am zweiten Sonntag im Monat auf. Dann gibt es von 9 bis 15 Uhr Brunch“, sagt die Großenhainerin Stefanie Lungkwitz. Sie fand den Vorschlag 9to9 außerdem überzeugend, weil das Haus die Nummer 99 trägt. Die Idee kam von einem Gast. Übers Internet hatte sie um Vorschläge gebeten. Unter den besten fünf fiel die Wahl schließlich auf 9to9.

Für das alte Logo hätte Stefanie Lungkwitz Geld an den Vorbesitzer zahlen müssen, erzählt sie. Die junge Frau winkt ab. „Das war es mir wirklich nicht wert. Das Geld stecke ich lieber in meine Mitarbeiter.“ Über die Differenzen mit ihrem Vorgänger will sie sich lieber nicht auslassen. Sein Unternehmen war zuletzt zahlungsunfähig – das Lokal ging an einen Insolvenzverwalter. Gegenüber der SZ hatte der Vorbesitzer das mit einer generell schwierigen Lage der Riesaer Gastronomie erklärt. Nach SZ-Infos bekamen die Angestellten ihren Lohn nicht immer pünktlich.

Das erste Date im 4M

So etwas soll es bei Stefanie Lungkwitz nicht geben. „Wir würden lieber selbst verzichten, als unsere Mitarbeiter nicht rechtzeitig zu bezahlen. Das haben die nicht verdient. Meine Leute sollen gern auf Arbeit kommen. Und das machen sie auch.“ Sie sei nicht die Art von Chefin, die sich brüllend durchsetze. „Wir sind ein tolles Team – wie eine Familie.“ Das habe sich besonders in der Zeit des Umbaus gezeigt. Bis Anfang März wurde im Lokal gewerkelt – neuer Boden, neue Lampen, neue Wandfarbe. Vom Koch bis zur Bedienung habe jeder alles gegeben, berichtet Stefanie Lungkwitz .

Neu ist auch die Speisekarte. „Wir legen wert auf regionale Produkte und gute Weine. Bei uns kommt nichts aus der Tüte. Alles wird frisch gekocht.“ Jeden letzten Freitag im Monat gibt es neuerdings eine kleine Veranstaltung – letztes Mal trat die Riesaer Rüpel-Rock-Gruppe Baggasche auf. Vor allem Nachwuchsmusiker sollen im 9to9 eine Plattform bekommen.

Und noch etwas hat sich geändert: „Wir sind kinderfreundlicher geworden. Wer das nicht akzeptiert, ist nicht richtig bei uns.“ Es gibt einen Wickeltisch mit Windeln und Feuchttüchern für den Notfall. In einer Spielecke können sich die Kleinen beschäftigen. „Das ist doch besser, als wenn die Kinder mit am Tisch sitzen müssen und rumquengeln. Ich spreche aus Erfahrung, ich bin selbst Mutti.“

Erscheinungsbild und Konzept sind im ehemaligen 4M – vier Mahlzeiten – im Großen und Ganzen geblieben. Das war Stefanie Lungkwitz, die das Lokal führt, und ihrem Mann, der als Geschäftsführer eingetragen ist, auch extrem wichtig. Denn hier hatten die beiden ihr erstes Date.

Im Flutjahr 2013

„Wir hatten uns jahrelang übers Internet hin und her geschrieben, ohne uns zu treffen. Als das Haus meiner Schwester im Flutjahr 2013 überschwemmt wurde, habe ich einen Hilfeaufruf gestartet. Er wollte helfen und so haben wir uns zum ersten Mal getroffen – im 4M“, erzählt Stefanie Lungkwitz. So wurde es ihr Lieblingslokal. „Es ist klein, fein, gemütlich –  ein Lokal, in dem man frühstücken, Mittag essen, Kaffee trinken und zu Abend essen kann. In der Region gibt es meiner Meinung nach nichts Vergleichbares, weder in Großenhain noch in Meißen.“ Mindestens einmal in der Woche seien sie nach Riesa gefahren, um im 4M zu frühstücken – ohne die Kinder, einfach zum Abschalten.

Als es dann mit dem Lokal bergab ging, überlegte sich das Paar schließlich, es einfach selbst in die Hand zu nehmen. Gesagt, getan. Stefanie Lungkwitz bringt als gelernte Restaurantfachfrau nicht die schlechtesten Voraussetzungen dafür mit.