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40 zum Vierzigsten

Einwohner bedanken sich bei einem Weihnachtsmann für 40 Dienstjahre. Diesmal bekommt er die Geschenke.

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© Norbert Millauer

Von Uta Büttner

Steinbach/Großdobritz. Tränen laufen über seine Augen, sprechen kann er nicht: Er steht nur völlig fassungslos und gerührt da: Michael Kröner. Seit 40 Jahren ist der Ur-Steinbacher Heiligabend ab 16 Uhr als Weihnachtsmann für fünf Stunden und mehr unterwegs, um Klein und Groß zu überraschen. Am Donnerstag war es an der Zeit, dafür einmal Danke zu sagen – das fanden 40 Steinbacher aus der Gemeinde Moritzburg.

Für jedes Jahr ein Weihnachtsmann: So starten die Frauen und Männer an der Feuerwehr im Niederauer Ortsteil Großdobritz, wo Michael Kröner jetzt wohnt. Vornweg ein Weihnachtsmann mit Laterne, gefolgt von den anderen mit zwei Tischen, einem etwa 2,50 Meter hohem Weihnachtsbaum, Glocken, Schlitten, Geschenken, Säcken. Mit ho, ho, ho und Weihnachtsliedern gehen sie den Hohlweg entlang. Das Singen müssen sie allerdings noch ein wenig üben. Auch an die Verpflegung ist gedacht: Glühwein, Kinderpunsch, Bockwürste und Bier. Alles dabei, auch die Ruten. Doch die braucht an diesem Abend niemand. So wie in allen Jahren zuvor. Weihnachtsmann Micheal – Spitzname Schuschu – packte niemals die Rute aus. „Kein Kind soll vor dem Weihnachtsmann Angst haben, nur Respekt“, sagt er.

Die Kirchturmglocken läuten. Die Tische sind aufgebaut, die Geschenke platziert, der Baum steht. Die Weihnachtfrauen und -männer bilden einen Halbkreis und dann erklingt „Happy birthday to you“. Denn für die Danksagung haben die Steinbacher nicht irgendeinen Tag gewählt, sondern Michael Kröners Geburtstag. 56 ist er geworden. Und jeder Einzelne beglückwünscht ihn und bedankt sich. Steffen Skeide sagt: „Du siehst, es war nicht vergeblich, was du gemacht hast. Jeder hat eine Geschichte zu erzählen. Und du hast nie die Rute eingesetzt, auch wenn mal jemand Blödsinn gemacht hat.“

Eine Rute bekommt der Weihnachtsmann dann selbst überreicht: die silberne für 40 Dienstjahre. Und Weihnachtsfrau Andrea Trentzsch überreicht ein großes, dickes Fotobuch mit Geschichten und Fotos aus 40 Jahren. Dafür hat sie wochenlang Bilder gesammelt, abfotografiert, gescannt und zusammengestellt. Michael Kröner ist überwältigt: „Ihr seid verrückt. Ich danke euch allen. Mehr Worte finde ich jetzt nicht.“ Und das ist eine Seltenheit. Doch – einmal, da fand er auch keine Worte. Bei einer Betriebsfeier. Die ruhigste Person unter den etwa 80 Anwesenden sagte ein Gedicht auf, erzählt Michael Kröner: Lieber, guter Weihnachtsmann, schau mich nicht so böse an, bringe deine Rute raus, dann zieh ich auch mein Höschen aus. „Ich bin eigentlich schlagfertig, aber da war ich sprachlos“, sagt Michael Kröner lachend.

So langsam kommt der Hobby-Weihnachtsmann ins Erzählen. Wie er mit 16 Jahren durch einen Zufall anfing, weil eine ältere Dame ausfiel. Wie er mit Ponys, Schlitten oder Wagen über die Dörfer zog, später mit Polo und Caddy. Einmal blieb er im Schneegestöber in Ebersbach stecken. Mit einem Traktor wurde er befreit. „Damit ich nach Hause komme, bin ich hinter einem Schneepflug hergefahren. Und der Akku meines Handys, die es da gerade schon gab, war runter. Ich hätte zwar auch bei einem Kumpel übernachten können, aber Heiligabend wollte ich zu Hause sein.“

Die eigenen Kinder mussten immer auf einen Weihnachtsmann verzichten. Seine Frau Kerstin sagt lachend: „Ich hatte einen geheiratet, das reicht“. Sohn Maik ist inzwischen auch im roten Gewand unterwegs. Der jüngere Sohn hat leider keine Zeit. „Schade. Eigentlich wollte ich ja ein Familienunternehmen gründen. Denn es ist ein krisenfester Job – wenn auch nur an einem Tag im Jahr“, sagt Michael Kröner lachend. Zum Schluss zählen die Weihnachtsfrauen und -männer noch einmal durch: „Eins, zwei, drei, … 38“. Nanu? „Zwei sind austreten“, ruft einer lachend, mit einem Augenzwinkern.