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30-Tonnen-Lok am Haken

Das Gefährt vom Hirschfelder Kraftwerksmuseum steht künftig in Liberec. Die Aktion wurde sehr lange vorbereitet.

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© Rafael Sampedro

Von Jan Lange

Mit zwei riesigen Kränen wird die Dampfspeicherlok auf den Tieflader gehoben. Stolze 30 Tonnen wiegt das Exponat, das hier am Haken hängt. „Das ist der bisher größte Transport eines Museumsstücks, gewichtsmäßig und vom Aufwand her“, sagt Anja Nixdorf-Munkwitz, Managerin der Stiftung Kraftwerk Hirschfelde.

Künftig wird die Lok im Technik-Museum Liberec stehen. Das tschechische Museum war 2014 neu eröffnet worden. Schon länger wollten die Liberecer Technikfreunde auch große Exponate wie eben jene Lok aus Hirschfelde ausstellen. „Wir hätten im Internet eine Lok in Tschechien kaufen können“, berichtet Petr Kumpfe, Pressesprecher des Museumsvereins. Das hätte jedoch die finanziellen Möglichkeiten des kleinen Vereins überstiegen. Umso glücklicher ist Kumpfe, dass das Technikmuseum die Lok von den Hirschfeldern geschenkt bekommt. Die Maschinenhalle kann für das Kraftwerksmuseum seit drei Jahren nicht mehr genutzt werden. Für die großen Exponate, die nicht in den Kopfbau umziehen können, sucht Anja Nixdorf-Munkwitz seitdem neue Besitzer.

Auch die Technikfreunde aus Liberec haben sich im Frühjahr schon einige Stücke geholt: eine Riesenpresse, eine große Bohrmaschine und eine Drehbank. „Als wir gehört haben, dass es hier auch eine Lok gibt, bekamen wir richtig große Augen“, sagt Kumpfe. Die Dampfspeicherlok ist Baujahr 1986 und brachte früher die Kohle bis ins Kraftwerk. Kumpfe bezeichnet sie als die Krönung der Sammlerleidenschaft. In seiner Kindheit habe er sich in der DDR immer die kleinen Lok-Modelle besorgt, jetzt hole er die große Variante ab.

Mal eben schnell über die Grenze bringen, ist bei diesem Exponat aber nicht möglich. Es sei ein langer Weg gewesen, erklärt der Tscheche. Er habe bei Facebook einen Aufruf gestartet, dass die Museumsfreunde ein Transportunternehmen suchen. Einige haben sich daraufhin auch bei den Liberecern gemeldet. Letztlich habe eine Firma angeboten, den größten Teil des Transportes zu sponsern. „Das konnten wir natürlich nicht ablehnen“, so Kumpfe. Die gesamten Kosten allein tragen wäre undenkbar für seinen Verein. Das hätte den Wert der Lok deutlich überstiegen.

Die Vorbereitungen haben mehrere Wochen in Anspruch genommen. So musste die Lok erst einmal freigeschnitten werden. Mehr als 20 Jahre stand sie auf der Freifläche neben der Maschinenhalle, war in dieser Zeit komplett zugewachsen. Auch einzelne Teile wurden im Vorfeld abmontiert, um sie besser transportieren zu können und gleichzeitig das Gewicht ein bisschen zu reduzieren. Mehrere Puffer werden beispielsweise separat transportiert. Zudem holten sich die Ostsächsischen Eisenbahnfreunde ein paar Teile, sagt Kumpfe. Da die Lok in Liberec nur steht, und nicht fahren muss, sei das kein Problem. Auch die Mitarbeiter des Transportunternehmens und der Kranfirma hatten sich mehrfach die Gegebenheiten vor Ort angesehen. Schließlich wollte am Dienstag niemand eine Überraschung erleben.

In Liberec wird sie erst mal einen provisorischen Standort bekommen, sagt Kumpfe. Nächstes Jahr werde die Freifläche des alten Messegeländes neu gestaltet und dann auch die Hirschfelder Lok noch einmal umgesetzt – ebenso wie die kleineren Exponate. Die sind seit Frühjahr in Zittau zwischengelagert und werden voraussichtlich im Frühjahr nach Liberec kommen.

Die Verladung, die von einigen Museumsfreunden und alten Kraftwerkern verfolgt und gefilmt wird, verläuft ohne Komplikationen. Nach knapp zwei Stunden steht die Riesenlok auf dem Tieflader. Der Transport selbst erfolgt erst am späten Abend und in der Nacht, erklärt Kumpfe. Am Mittwochmorgen werde sie dann in Liberec wieder abgeladen.