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25 Jahre und schon Chef

Malermeister Rico Voigt aus Wachtnitz hätte im väterlichen Betrieb einsteigen können. Doch er entschied sich anders.

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© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Lommatzsch. Rico Voigt hat ein Motto, nach dem schon sein Vater und sein Großvater handelten: „Arbeite so, als ob du es für dich zu Hause machst.“ Das heißt nichts anderes als Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit, Qualität ist wichtiger als ein billiger Preis. Der 25-Jährige lebt gut damit. Obwohl er erst seit wenigen Monaten selbstständig ist, brummt das Geschäft. „Arbeit ist jede Menge da. So viel, dass ich kaum hinterherkomme. Der Markt explodiert“, sagt der Wachtnitzer. Bis Oktober, vielleicht sogar bis November hat er gut zu tun, um die derzeitigen Aufträge abzuarbeiten.

Wartezeiten sind normal, aber das ist noch gar nichts gegen Dresden. Hier müssten Kunden bis zu neun Monate auf einen Termin beim Maler warten. Das ist die Chance nicht nur von Rico Voigt. Ein Großteil seiner Kunden kommt aus der Landeshauptstadt oder deren Speckgürtel.

Voigt Berufsweg war programmiert. „Ich bin ja hier von Kinderbeinen an reingewachsen“, sagt er. Immerhin war sein Großvater schon Maler, sein Vater hat seit 1988 einen Malerbetrieb. Dort hat er auch gelernt, ein halbes Jahr eher ausgelernt. Und gleich die Meisterausbildung im einjährigen Direktstudium drangehängt. Dann wollte er mal „in die weite Welt gucken“. Die freilich endete in Nossen, wo er eine Zeit lang angestellt war.

Doch schon da war klar, dass er sich selbstständig machen will. Und nun ist er mit 25 Jahren schon Chef – sein eigener. „Ich wollte allein loslegen. Klar war mein Vater anfangs ein bisschen sauer, dachte er doch, dass ich in seine Firma einsteige“, sagt er. Doch die beiden arbeiten zusammen, helfen sich gegenseitig, wenn es erforderlich ist. Seine Aufträge bekommt Rico Voigt auch von Immobilienbüros und Maklern, mit denen er zusammenarbeitet.

Maler und auch Malermeister sind allerdings keine ausreichenden Bezeichnungen für diesen Berufsstand. Die Arbeiten, die angeboten und ausgeführt werden, sind weit vielfältiger. Auch Hausfassaden werden gestaltet, Fußböden verlegt, sogar Gegenstände vergoldet. Gemeinsam mit seinem Vater hat Rico Voigt zum Beispiel die Turmkugeln der Kirchen in Neckanitz und Lommatzsch vergoldet.

Der Malerberuf ist heute weit mehr als nur Wände streichen und Tapete kleben. Dabei heißt es, Trends zu erkennen und zu bedienen. Raufasertapete, zu DDR-Zeiten ein Hit, ist heute praktisch nicht mehr gefragt. Die Kunden sind anspruchsvoller geworden. Bei vielen muss es schon 3-D-Tapete sein. Vater Lutz Voigt holt eine große Mappe mit bunten Fotos hervor. Mit dieser gehen die Voigts zu den Kunden, zeigen, was alles möglich ist.

„Wir drängen aber nichts auf, beraten nur. Die Leute sollen selbst entscheiden, was ihnen gefällt“, sagt der 54-Jährige, der einst mehrere Angestellte hatte und drei Lehrlinge ausbildete. In letzter Zeit allerdings nicht mehr. Das liegt daran, dass es kaum Bewerber gibt. Diejenigen, die doch kommen, haben oft schlechte Voraussetzungen und falsche Vorstellungen. „Viele junge Leute wollen sich nicht mehr die Hände schmutzig machen, lieber im Büro am Computer sitzen. Handwerk ist vielen zu anstrengend“, sagt Lutz Voigt.

Ihm und seinem Sohn ist es nicht zu anstrengend. Rico Voigt will mit seiner Firma langsam wachsen, je nachdem, wie sich das Geschäft entwickelt zwei, drei Leute einstellen, vielleicht auch Lehrlinge ausbilden. „Im Moment als Einzelkämpfer ist das aber gar nicht möglich“, sagt er.

Privat ist er kein Einzelkämpfer. Wenn er gerade nicht mit seiner Freundin zusammen ist, geht er als Jäger auf die Pirsch. Außerdem gehört er dem Lommatzscher Angelverein an.

Auch wenn er erst wenige Monate selbstständig ist, hat er den Schritt nicht bereut, hofft weiterhin auf eine gute Auftragslage. „Viele Leute wissen Handwerksqualität zu schätzen, sind bereit, dafür auch etwas mehr Geld zu zahlen“, sagt er.

Doch die Selbstständigkeit hat ihren Preis. Montags bis freitags ist er unterwegs, am Wochenende sitzt er im Büro, schreibt Rechnungen, unterbreitet Angebote. Urlaub ist momentan nicht drin. „Selbstständig heißt selbst und ständig“, sagt er und seufzt ein bisschen.