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2 000 Euro Begrüßungsgeld sind tabu

Stadtrat Walter Matzke fordert hohe Beträge für Neugeborene. Rat und Stadt von Pirna sehen Prioritäten eher an anderer Stelle.

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© Kristin Richter

Von Thomas Möckel

Pirna. In Sachen Nachwuchs war das Jahr 2016 rekordverdächtig: Insgesamt 830 Kinder erblickten im vergangenen Jahr in Pirna das Licht der Welt, davon waren 354 tatsächlich Pirnaer Kinder. Und sollte es in diesem Jahr munter so weitergehen mit dem Nachwuchs, hätten die Dazukommer die Stadt beinahe über 700 000 Euro extra im Jahr gekostet.

Walter Matzke, Stadtrat der Pirnaer Bürgerinitiativen (PB), hatte vor einiger Zeit beantragt, dass die Stadt ab 2017 für jedes neugeborene Kind, dass in Pirna mit festem Wohnsitz gemeldet ist, eine einmalige Unterstützung von 2 000 Euro für die Erstausstattung gewährt. Der Gastwirt aus Obervogelgesang begründete seine Forderung damit, dass vor allem kinderreiche Familien und alleinerziehende Mütter zusätzliche finanzielle Hilfe benötigen.

Der Stadtrat mochte derart großzügige Geschenke hingegen nicht vergeben. Die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten lehnte es ab, vierstellige Beträge an Neuankömmlinge und deren Eltern zu überweisen. Ein Großteil der Räte sowie die Stadt wollen lieber an anderer Stelle finanziell Prioritäten für Kinder setzen. Das Rathaus stand schon von Anfang an Matzkes Idee skeptisch gegenüber.

Aus Sicht der Stadtverwaltung gebe es bereits genügend Hilfsangebote, auch wenn Pirnas Begrüßungsgeschenk eher ideeller Natur ist. Für Neugeborene gibt es ein Glückwunschschreiben des Oberbürgermeisters sowie einen Familiengutschein fürs Geibeltbad.

Hilfe und Tipps

Darüber hinaus habe sich laut der Stadt im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge seit 2007 das „Netzwerk frühe Hilfen“ etabliert, in dem auch das Projekt „Herzlich willkommen im Leben“ angesiedelt ist. Die Mitarbeiterinnen beraten junge Eltern zu sämtlichen Fragen rund um dieses Thema. Sie geben beispielsweise Auskunft zu möglichen finanziellen Hilfen, geben Tipps zu wichtigen Behördengängen oder helfen, Anträge und Formulare auszufüllen.

Die einzelnen finanziellen Leistungen, die Eltern und Alleinerziehende möglicherweise in Anspruch nehmen können, umfassen nach Auskunft des Pirnaer Rathauses vor allem das Mutterschaftsgeld, Kindergeld, Elterngeld, Betreuungsgeld und Landeserziehungsgeld sowie diverse Steuervergünstigungen, Zuschüsse , Rentenansprüche und Unterhalt.

Um den Lebensunterhalt zu sichern, haben vor allem finanziell weniger gut Situierte darüber hinaus die Möglichkeit, zusätzliche finanzielle Leistungen wie Kinderzuschlag von der Familienkasse der Arbeitsagentur, Wohngeld oder Sozialhilfeleistungen nach dem Sozialgesetzbuch – beispielsweise für die Erstausstattung – zu beantragen.

Gleichzeitig ermöglicht das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket Kindern aus Familien mit geringem Einkommen, gleichberechtigt Angebote in Schule und Freizeit wahrzunehmen. Überdies erhalten Familien über den Familienpass des Freistaates Sachsen und der Stadt Pirna diverse Vergünstigungen.

Unabhängig davon hält es die Stadt für sinnvolle finanzielle Mittel im Umfang des geforderten Begrüßungsgeldes eher in den Erhalt und Ausbau von Kitas und Schulen in Pirna zu investieren – um Familien nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig Sicherheit vermitteln zu können.