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140 Asylbewerber kommen nach Görlitz

Die Erstaufnahme Chemnitz ist voll, ein Polizeigebäude wird Außenstelle. Nächste Woche ziehen erste Bewohner ein.

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© Pawel Sosnowski

Von Matthias Klaus

Rund ums Haus herrscht rege Betriebsamkeit: Laster stehen vor den Eingängen, per Aufzug wird Mobiliar aus der oberen Etage nach unten gebracht. Rote Container füllen sich langsam. Die Bereitschaftspolizei zieht aus und macht Platz für neue Mieter: Im Gewerbegebiet am Görlitzer Flugplatz werden ab kommender Woche Asylbewerber untergebracht. 140  sollen es laut Landesdirektion Dresden sein. Grund der Aktion: Die Einrichtungen in Chemnitz und Schneeberg, in denen Asylbewerber bisher erstmals zentral aufgenommen wurden, bis sie auf Kreise und kreisfreie Städte verteilt werden, sind komplett voll. 2 300 Asylbewerber sind dort derzeit untergebracht. Deshalb sucht der Freistaat nach Außenstellen, nach geeigneten Gebäuden, die sich in seinem Besitz befinden, damit Flüchtlinge nicht obdachlos werden. Eine davon ist nun in Görlitz.

Die Landesdirektion arbeite mit Hochdruck daran, das Haus im Gewerbegebiet herzurichten, Wachdienst, Verpflegung und soziale Betreuung sicherzustellen, heißt es aus Dresden. Die Stadt, der Landkreis und die Polizei seien „über diese kurzfristige Maßnahme“ unterrichtet worden. Eine Erstaufnahme von Asylbewerbern in Görlitz und im Landkreis war bislang nicht vorgesehen. Sowohl die Stadt als auch die Kreisverwaltung hatten keinen Einfluss auf die Entscheidung des Freistaates, teilt das Görlitzer Rathaus mit.

Das Deutsche Rote Kreuz Görlitz ist mit der Betreuung der Asylbewerber und mit dem Einrichten des Gebäudes beauftragt worden. „Der Auftrag kam wirklich sehr kurzfristig“, sagt Markus Kremser vom DRK Görlitz. Erst am Freitag wurde das Haus von der Bereitschaftspolizei ans Rote Kreuz übergeben. Nun gehe es ans Organisieren, so Kremser: Wo kommen Möbel her, wie wird die Essenverteilung geregelt?

Offiziell heißt es, dass die Erstaufnahme-Außenstelle Görlitz nur befristet genutzt werden solle. „Im Juni, Juli wird die Einrichtung in Leipzig ihre Kapazität vergrößern“, so der Görlitzer Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer (CDU). Ob dann das Haus im Görlitzer Gewerbegebiet geschlossen wird – dazu möchte er sich nicht festlegen. „Das kann man sicher nicht auf den Monat genau sagen“, so Kretschmer. Die Zahl der Flüchtlinge, sagt der Bundestagsabgeordnete, sei in den Wintermonaten entgegen der Erfahrungen aus anderen Jahren nicht zurückgegangen. Allein in den vergangenen sieben Tagen hat der Freistaat 621 Asylbewerber aufgenommen, heißt es von der Landesdirektion. „Wir wollen diesen Menschen eine vernünftige Unterkunft bieten, nicht wie in Bayern und Baden-Württemberg, wo sie teilweise in Zelten und Containern leben müssen“, sagt Michael Kretschmer.

Der Görlitzer CDU-Landtagsabgeordnete Octavian Ursu sieht dies ähnlich: „Es ist unsere humanitäre und verfassungsrechtliche Pflicht, diesen Menschen zu helfen.“ Bei allen organisatorischen Herausforderungen „sollten wir uns immer wieder bewusstmachen, dass wir auf der Seite der Helfenden stehen dürfen und nicht das Leid vieler dieser Menschen erfahren müssen“, so Ursu. „Die Erstaufnahme ist eine Pflichtaufgabe des Freistaates. Deshalb muss er ihr auch nachkommen“, sagt auch der Görlitzer AfD-Landtagsabgeordnete Sebastian Wippel zum Thema Außenstelle in der Stadt. Kritik übt er an der Stadtverwaltung. „Im Rathaus wird immer wieder von Bürgerbeteiligung und Information gesprochen. In diesem Fall hält man sich doch aber sehr zurück“, so Wippel. Man müsse die Bürger aber gerade bei diesem Thema mitnehmen. „Ansonsten könnte der Eindruck erweckt werden, dass so spät wie möglich informiert werden soll, wenn schon alles in trockenen Tüchern ist“, sagt Sebastian Wippel.

Auch wenn es jetzt doch ein Heim – als Erstaufnahmeeinrichtung – vor den Toren der Stadt gibt: Generell hält Görlitz an seinem Wohn-Konzept für Asylbewerber fest. Dazu habe es eine Absprache mit Vertretern des Landkreises gegeben. Rathaus-Sprecherin Sylvia Otto: „Auch weiterhin werden in der Stadt Görlitz Flüchtlingsfamilien ausschließlich dezentral in Wohnungen untergebracht.“