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102-Jährige in Niesky noch immer guter Dinge

Charlotte Geister ist die älteste Bürgerin der Stadt. Zum Geburtstag sangen ihr Schüler jetzt unverhofft ein Ständchen.

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© André Schulze

Von Constanze Knappe

Wenn das mal keine Überraschung war. Charlotte Geister kam am Donnerstag im Altenpflegeheim „Abendfrieden“ in Niesky aus dem Staunen nicht heraus. An ihrem Geburtstag sangen ihr 23 Schüler aus der Zinzendorfschule in Herrnhut ein Lied. Die Achtklässler des Profils Wirtschaftsethik und Diakonie waren zu einem Praxistag angereist. Sie beschäftigten sich damit, was in einem Altenpflegeheim so alles nötig ist, damit die Bewohner wie Charlotte Geister, sich wohlfühlen.

Die Seniorin lebt seit fast 15 Jahren in der Einrichtung. Kaum waren die Schüler ihren Aufgaben nachgegangen, kamen mit Kantorin Theresa Haupt und dem Bläserchor der Christuskirche schon die nächsten Gratulanten. Sie spielten Kirchen- und Geburtstagslieder und mit „Lobet den Herrn“ auch Charlotte Geisters Lieblingslied. Textsicher wie eh und jeh brauchte sie trotz ihrer nun 102 Lebensjahre auch diesmal kein Notenblatt. Blumengrüße aus dem Pfarrgarten überbrachte Pfarrer Janis Kriegel von der Kirchengemeinde Niesky. Als Jungspund, der er sei, könne er vor dem Alter nur den Hut ziehen, sagte er. Eine reichliche halbe Stunde dauerte der musikalische Reigen. Dass Charlotte Geister sich danach etwas ausruhen wollte, war ihr von Herzen vergönnt. Schließlich erwartete sie noch ein aufregender Nachmittag – die Geburtstagsfeier im Kreise ihrer Lieben. Drei Kinder, sieben Enkel und mittlerweile neun Urenkel, die fast alle in Niesky und Umgebung leben, gehören zur Familie. Häufig finden sich zu den Ehrentagen von Oma Lotte, wie sie liebevoll genannt wird, auch Gratulanten aus Kreba ein, wo sie früher lebte. Gern saß sie dort auf der Bank vor dem Haus gegenüber der Kirche.

Ursprünglich stammte Charlotte Geister aus Schlesien. Mit 30 Jahren musste sie ihre alte Heimat verlassen, die ihr im Herzen noch immer nah ist. Über die ganz alte Zeit spricht sie kaum noch. Dafür kann sie sich umso besser daran erinnern, wie 1962 in zwei Zimmern die Konfirmation ihres Sohnes Werner gefeiert wurde und was dafür alles vorbereitet werden musste. Er und seine Schwester Heidemarie Talarek besuchen abwechselnd fast jeden Tag die Mutter. Die ist noch weitgehend fit, auch wenn sich nun zunehmend Beschwerden des Alters bemerkbar machen. Bis vor einiger Zeit telefonierte Charlotte Geister noch selbst. Das geht nicht mehr, seit ihr die Schwerhörigkeit zu schaffen macht, erzählt ihre Tochter. Einmal im Monat wird in Wohnbereichen des Altenpflegeheims mit den Bewohnern selbst gekocht und gemeinsam gegessen. Auf Wunsch der Senioren gab es am Donnerstag Kaninchen mit Rotkohl und Klößen. Mit Begeisterung hat Oma Lotte sonst Kartoffeln geschält oder Kuchen gebacken. Seit die Finger nicht mehr so wollen, schaut sie nur noch zu. Mit ihrem Rollstuhl fährt sie gern in den Garten. Am liebsten aber besucht sie jeden Montag die Andacht im Pflegeheim. Charlotte Geister ist sich sicher, dass sie noch ein bisschen älter wird. „Ich habe viel Gottvertrauen“, sagt sie.

Wie Ursula Popp von der Stadtverwaltung Niesky auf SZ-Anfrage bestätigt, ist Charlotte Geister mit 102 Jahren die älteste Bürgerin der Stadt. Vier Einwohner sind 100 Jahre und älter. Im „Abendfrieden“ leben zurzeit Seniorinnen im Alter von 100, 101 und 102 Jahren, so Pflegedienstleiterin Angela Noack. Die Nachbarin von Oma Lotte feiert im Juli ebenfalls den 102. Geburtstag. Eine weitere Bewohnerin wird 100.