Merken

100 000 Tassen für den Striezelmarkt

Den Glühwein auf dem Dresdner Weihnachtsmarkt gibt’s erstmals in sächsischen Bechern – produziert in Neukirch.

Teilen
Folgen
NEU!
© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Bischofswerda. Blaue Glühweinbecher gehen auf dem Striezelmarkt am besten, sagt Sigrid Förster, Abteilungsleiterin Kommunale Märkte in Dresden. Deshalb gibt’s die neuen Glühwein- Tassen in „Preußisch-Blau“. Selbst wenn sie leer sind, machen sie was her. Mit einem individuell gestalteten Henkel. Einem Relief mit dem Logo und der Aufschrift „Dresdner Striezelmarkt. Seit 1434“. Und dem Jahresmotiv, das für die 581. Auflage von Deutschlands ältestem Weihnachtsmarkt die Striezelkinder vor der Silhouette von Frauenkirche, Rathausturm und dem Turm der Kreuzkirche zeigt. Produziert werden die Becher in der Neukircher Töpferei Kannegießer. Ein Novum nicht nur für den Striezelmarkt, sondern für fast alle Weihnachtsmärkte in Deutschland. Denn bislang sind es meist Tassen aus Asien, in denen dort der Glühwein ausgeschenkt wird.

Im Viererpack werden die Tassen glasiert. Danach werden sie bei 1 260 Grad gebrannt.
Im Viererpack werden die Tassen glasiert. Danach werden sie bei 1 260 Grad gebrannt. © Steffen Unger
Eine Tasse nach dem Pressen: Kleine Grate werden per Hand beseitigt.
Eine Tasse nach dem Pressen: Kleine Grate werden per Hand beseitigt. © Steffen Unger
Die fertige Tasse, wie man sie nur auf dem Striezelmarkt bekommt – Stückpreis drei Euro.
Die fertige Tasse, wie man sie nur auf dem Striezelmarkt bekommt – Stückpreis drei Euro. © Steffen Unger

Kult bei den Sammlern

Sachsens Landeshauptstadt bricht nun mit dieser unrühmlichen Tradition. Pläne, den Glühwein in sächsischen Bechern zu verkaufen, gibt es bereits seit einigen Jahren. Die Herausforderung dabei war jedoch, einen Hersteller zu finden, der die Tassen in der benötigten Stückzahl und zu einem annehmbaren Preis produzieren kann. Robert Franke, Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung in Dresden, spricht von einem „Glücksfall“, mit dem Neukircher Unternehmen einen Partner gefunden zu haben, mit dem die Landeshauptstadt in den nächsten Jahren zusammenarbeiten wird. Die Töpferei Kannegießer stattet in diesem Jahr den Striezelmarkt mit 100 000 Glühweintassen komplett neu aus. In den nächsten Jahren liefert sie jeweils 50 000 Tassen als Ersatz für jene, die erfahrungsgemäß in einer Marktsaison nicht zurückgegeben werden. Denn die Glühweinbecher sind bei Touristen beliebte Souvenirs und bei vielen Sammlern Kult. Um deren Nachfragen zu entsprechen, wird ein Teil der Becher mit einem wechselnden Jahresmotiv erhältlich sein. Der Vertrag läuft über vier Jahre mit der Möglichkeit auf Verlängerung um weitere zwei Jahre. Danach vergibt die Landeshauptstadt den Auftrag neu.

Im März gab es die ersten Gespräche. In den folgenden Wochen tastete sich eine Arbeitsgruppe, der Vertreter der Stadt, einige Glühweinhändler, die Chefin der Altmarktgalerie, ein Designer und der Chef der Neukircher Töpferei angehörten, an das Projekt heran. Es entstanden mehrere Entwürfe, einige Modelle und schließlich die notwendigen Werkzeuge. Seit September werden die Striezelmarkttassen produziert – rund 86 000 waren es bis Mittwoch.

Individuell entworfen

Auf dem Striezelmarkt kostet der Glühweinbecher aus Neukirch drei Euro (Pfand), 50 Cent mehr als die bisherigen Produkte aus Fernost. Dafür halten die Besucher aber auch ein individuell gestaltetes Erzeugnis in der Hand. „Wir können preisgünstig produzieren, weil wir erst kürzlich in eine neue Maschine investiert haben“, sagt Andreas Kannegießer, Inhaber des Neukircher Traditionsbetriebes. Gearbeitet wird an dieser Maschine in zwei Schichten; erstmals in der Firmengeschichte stellte das reichlich 30 Beschäftigte zählende Unternehmen dafür einen Zeitarbeiter ein. Die Tassen aus Ton werden an der Maschine gepresst. Die Rohlinge trocknen und werden anschließend bei 960 Grad gebrannt, glasiert und kommen noch einmal bei 1 260 Grad in den Brennofen. „Wir sind stolz darauf, dass wir in den nächsten Jahren die Tassen für den Striezelmarkt herstellen dürfen. Diese individuell zu entwerfen und zu gestalten, war eine schöne Aufgabe“, sagt Andreas Kannegießer. Der Auftrag aus Dresden ist für die Töpferei der Einstieg in ein neues Geschäftsfeld. „Wir erschließen uns damit ein weiteres wirtschaftliches Standbein“, sagt der Firmenchef. 100 000 Tassen am Stück herzustellen, ist für den 1824 gegründeten Handwerksbetrieb eine Herausforderung. Ansonsten sind es Stückzahlen von 1 000 bis 5 000, die in Handarbeit hergestellt und anschließend in verschiedenen Farben und Dekors bemalt werden. Die Neukircher Töpferei liefert weltweit. „Unser nächster Kunde sitzt in Bautzen, unser weitester in Tokio“, sagt Andreas Kannegießer.

Der 581. Dresdener Striezelmarkt wird am 26. November eröffnet. Bis Heiligabend, 14 Uhr, können Besucher täglich Lichterglanz, Musik und weihnachtliche Spezialitäten genießen. 233 Händler werden auf dem Altmarkt erwartet; an rund 40 Ständen wird Glühwein verkauft. Diesmal in Keramikbechern aus Neukirch. Bleibt nur noch eine Unbekannte: Was kostet der Glühwein auf dem Striezelmarkt in diesem Jahr? Diese Frage blieb zunächst noch unbeantwortet. In der Regel stimmen sich die Händler untereinander ab, heißt es.

www.kannegiesser-keramik.de

www.dresden.de/de/kultur/veranstaltungen/dresdner-striezelmarkt